■ Scheibengericht
: Diverse

„Kein Zuhause Mama“ (Trikont)

„Kein Zuhause Mama“ ist der zweite Sampler mit „Perlen deutschsprachiger Popmusik“ (Untertitel) und will es nach den direkten Nationalismus- und indirekten Faschismusvorwürfen, die von seiten des Musikjournalisten Günther Jacob an seinen Vorgänger „Wo ist zu Hause Mama?“ gerichtet waren, allen Diskursgebern recht machen – Jacob, dem Spiegel und der taz.

Wohl deshalb pocht Herausgeber Franz Dobler dieses Mal so auf den Literaturaspekt der Sache: „Schöne Poesie mit schöner Musikbegleitung“. Ernst Jandl eröffnet die Kundgebung unbedingt programmatisch mit „I Is Poetry“, auch die Einbeziehung von österreichischen und Bands mit DDR- Wurzeln macht das Bashing schwieriger. Immigranten bleiben aus der Deutschpopgruppe ausgeschlossen, doch ostdeutsche Herkömmlinge wie Herr Blum und die – inzwischen längst aufgelöste – Ich-Funktion um Key Pankonin unterliegen schließlich nicht anders als Türken oder Russen den Ausläufern von Selbst- und Zwangsethnisierung.

„Das Beste am Osten sind immer noch die Weiber“, singen Erdmöbel mit einiger Gemütlichkeit und illustrieren, daß auch ironische Muster manchmal nur ein Vorwand sind, diskursakzeptiert zu verblöden. Die von Jacob geäußerte linke Enttäuschung über den Auseinanderfall einer – letztlich auch nur angenommenen – weltweiten Pop Community und das Aufkommen nationaler Pop-Segmentierungen ist, wenn man in der Begrifflichkeiten des Diskurspops bleibt, in seinem Bild- und Wortverbot aller Konnotationen von „Deutsch“ auch nichts weiter als eine Variante von Totalitarismus. Der jedoch ist, so hörte ich, reaktionär. Der gegenwärtige Diskurs darüber, ob ein Präsentieren nationaler Bezüge böse ist oder nicht, verdeutlicht am ehesten die enormen Schwierigkeiten bei der Unterscheidung von Revolte und Reaktion. Johnny Cash, das Über-Ich der beiden Trikont-Sampler, würde lachen über das Ganze. In einem stimme ich Jacob jedoch zu: Rock'n'Pop mißt sich immer noch an amerikanischen Standards. Ein Großteil der auf den Samplern vertretenen Bands (Britta, Mobylettes) sind so schlecht und stumpf, daß auch ihr zur Schau gestelltes Scheitern nicht darüber hinwegtröstet. Also nieder mit der „deutschen Schule“.