Weichenstellung: Südafrikas ANC regiert allein

■ Nach dem Ausscheiden der Nationalen Partei (NP) aus Südafrikas Regierung besteht das Kabinett jetzt fast nur noch aus Vertretern von Nelson Mandelas ANC

Johannesburg (taz) – Eine Woche nachdem die Nationale Partei (NP) ihren Austritt aus der Regierung angekündigt hat, hat Präsident Nelson Mandela seine Ankündigung wahr gemacht, so schnell wie möglich Nachfolger für die scheidenden NP-Minister zu ernennen. Er verkleinerte das Kabinett von 27 auf 25 Ressorts. Leer ging dabei die Inkatha-Freiheitspartei (IFP) unter Innenminister Mangosuthu Buthelezi aus, die noch als Juniorpartner in der Regierung sitzt; alle neuen Minister kommen aus dem ANC, der damit erneut unter Beweis stellt, daß er künftig der Herr im Hause ist. Überraschend vor allem: Mandela holte Pallo Jordan ins Kabinett zurück, den er erst Ende März hinausgeworfen hatte. Er gab damit wohl Druck aus der eigenen Partei nach, in der der linke Intellektuelle hohes Ansehen genießt.

Jordan fiel bei der letzten Kabinettsumbildung Ende März der parteiinternen Personalarithmetik zum Opfer. Sein Amt als Postminister bekam Jay Naidoo, dessen Superministerium für das „Programm für Wiederaufbau und Entwicklung“ Mandela kurzerhand auflöste und Vizepräsident Thabo Mbeki unterstellte. Dessen Machtposition wird durch den Austritt der Nationalen Partei noch einmal gefestigt, denn das Amt des zweiten Vizepräsidenten, das Frederik Willem de Klerk noch bis Ende Juni innehat, wird danach nicht mehr besetzt werden. Der 53jährige alerte Politiker, das ist sicher, wird Mandelas Nachfolger bei den nächsten Wahlen im Jahr 1999. Nach außen hin unauffällig, aber eisern hat Mbeki dafür gesorgt, daß ein parteiinterner Machtkampf um die Nachfolge erst gar nicht entstehen konnte.

Sein aussichtsreichster Herausforderer, der bisherige Vorsitzende der Verfassunggebenden Versammlung und ANC-Generalsekretär Cyril Ramaphosa, ging schon bei der letzten Kabinettsumbildung leer aus. Der Geschmähte, der sein herausragendes politisches Talent in den Verhandlungen über Südafrikas friedlichen Übergang zur Demokratie wie in den Verfassungsverhandlungen unter Beweis gestellt hatte, zog die Konsequenzen. Er erklärte, er werde nach der Verabschiedung der Verfassung sein Parlamentsmandat niederlegen und einen hohen Posten in der Industrie annehmen. Am vergangenen Wochenende zog er sich mit dem Verzicht auf das Amt des Generalsekretärs dann ganz aus der Politik zurück.

Die Mandela-Nachfolge ist damit endgültig entschieden. Auf dem nächsten Parteitag des ANC, der für Ende 1997 angesetzt ist, wird Thabo Mbeki zum Nachfolger gekürt werden.

Wenn Ramaphosa in seiner Rede anläßlich der Verabschiedung der Verfassung noch erklärt hatte, dieser Tag sei die „wahre Geburtsstunde des neuen Südafrika“, ahnte er vermutlich noch nicht, wie recht er damit haben sollte. Im neuen Südafrika regiert der ANC allein, die Transformationszeit auf Regierungsebene ist vorbei. Er allein ist für die Bewältigung der Apartheid-Zeit verantwortlich – worüber sich der neue Oppositionsführer de Klerk in mehreren Fernsehauftritten bereits lang und genüßlich ausließ.

Wie zu erwarten, hat die NP jetzt auch all ihre Minister auf Provinzebene aus den Regierungen geholt – mit einer Ausnahme: die Provinz Western Cape rund um Kapstadt. Sie ist die einzige in Südafrika, in der die „Nats“ die Mehrheit haben. Dort ist Wahlkampfzeit, denn Ende Mai werden die ersten demokratischen Kommunalwahlen abgehalten, die in anderen Teilen Südafrikas mit Ausnahme von Kwa Zulu/Natal bereits im November vergangenen Jahres stattfanden. Und die NP ist entschlossen, ihre Mehrheit mindestens zu halten. Nicht zuletzt der Blick auf die Wahl in ihrer Hochburg dürfte bei der Entscheidung, die Regierung zu verlassen, eine große Rolle gespielt haben.

Unterdessen übt sich die NP schon als Retterin der Demokratie. In ganzseitigen Zeitungsanzeigen mit dem de Klerks Konterfei heißt es: „Erst brachten wir euch die Demokratie. Jetzt bringen wir euch die Mehrparteiendemokratie.“ Einige prominente Parteimitglieder wollen diesen Schwenk nicht mitmachen. So erklärte der langjährige Außenminister und heutige Minister für Energie und Bergbau, Pik Botha, seinen Rückzug aus der Politik. „Ich sehe derzeit keine Rolle mehr für mich in der Öffentlichkeit“, sagte der 64jährige. Jetzt will er seine Memoiren schreiben. Kordula Doerfler