■ Nebensachen aus Kapstadt
: Im Ethno-Outfit ins Parlament

Die meisten mögen sie. Desmond Tutu mag sie nicht. Yves Saint Laurent bewundert sie: Nelson Mandelas Hemden, bunt, gemustert, leger. Der Präsident trägt sie zu jeder Gelegenheit, locker über die Hosen fallend und aus edlem Tuch. Wer ihn in Kleidungsfragen berät, wird in Südafrika gehütet wie ein Gralsgeheimnis. Anzüge trägt er nur im Parlament, bei Staatsbesuchen im Ausland und wenn er ausländische Gäste empfängt.

Für die meist männliche burische Politkaste, die sich mit Vorliebe in mausgraue Synthetik-Anzüge kleidet, muß es ein Schock gewesen sein. Plötzlich hielt Afrika in Afrika Einzug, die Kleiderordnung bei offiziellen Gelegenheiten veränderte sich schlagartig. Denn wer sagt, daß man in Afrika Anzüge mit Krawatte tragen muß? Wo immer Mandela auftritt, wird vorher schon gerätselt, welches Hemd er heute trägt. Auch andere schwarze PolitikerInnen in der „Regenbogennation“ üben sich im legeren Ethno-Outfit – mit wechselnden Erfolgen.

Als etwa Johnny Issel, Minister in der Provinz Western Cape, im dortigen Provinzparlament in einem bunten Kuba- Hemd erschien, verwehrte ihm der Parlamentspräsident das Rederecht. Nach dem Vorfall dachte das Haus über die Kleiderordnung nach. Sollen nur Anzüge zugelassen werden oder auch westafrikanische Roben oder Zulu-Röcke? Vielleicht sogar seidene Morgenmäntel? Denn auch letztere trägt Mandela in der Öffentlichkeit, sehr zum Entsetzen der alteingesessenen Briten.

In den großen Konzernen wie Anglo American gilt nach wie vor die Devise: dezent und distinguiert. Männer haben Anzüge zu tragen, Frauen möglichst Kostüme. „Die unsichtbaren Zeichen einer corporate identity“ nennt man das. Kein geschriebenes Gesetz, aber von den Angestellten wird erwartet, daß sie diese Zeichen beachten.

Wer hingegen in Südafrikas öffentliche Verwaltungen geht, wünscht sich, daß dort ein ähnlicher Code gelten möge – zumindest für die burischen Angestellten. In den Amtsstuben brüllen einem entweder Plastikanzüge oder üppig geblümte Kleider entgegen. Bleibt die Frage: Wer darf was tragen? Der Präsident schwebt über jeglicher Kritik. Arbeitsminister Tito Mboweni hingegen machte sich zum Gespött der Nation, als er in einem gelbblau gestreiften Anzug zur diesjährigen Parlamentseröffnung in Kapstadt erschien. Rat gibt einer, der es wissen muß: Paul Phume, Mr. South Africa. „Es gibt zwei Regeln, sich zu kleiden. Mach dich nicht lächerlich und gib den Leuten nicht das Gefühl, daß du dich unbehaglich fühlst.“ Er bevorzugt Mandarin-Krägen und klassisch geschnittene Nehru-Jacken. Die trägt auch Zulu-König Goodwill Zwelithini am liebsten. Kordula Doerfler