Neue Zuversicht bei der Arbeiterpartei

Im israelischen Wahlkampf hat der spannende Endspurt begonnen. Die arabische Minderheit wird bei der erstmaligen Direktwahl des Ministerpräsidenten für Schimon Peres stimmen  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Neun Tage vor den Knessetwahlen in Israel macht sich neue Zuversicht bei der Arbeiterpartei breit. Ganz im Gegensatz zu einer ausgesprochen schlechten Stimmung im Lager des Likud-Spitzenkandidaten Benjamin Netanjahu. Und die Regierung von Ministerpräsident Schimon Peres kann sich auch die Festnahme des mutmaßlichen Drahtziehers dreier Selbstmordattentate zugute halten. Der 24jährige Hassan Salameh gilt als die Nummer zwei in der Hierarchie der Ezzedin al-Kassem-Brigaden, dem militärischen Arm der islamischen Organisation Hamas. Er war gestern bei einer Straßenkontrolle am Stadtrand von Hebron angeschossen und festgenommen worden.

Zudem haben es die Führer der Arbeiterpartei verstanden, durch die Verschiebung des militärischen Rückzugs sowie durch die fortgesetzte Totalabriegelung der Autonomiegebiete der rechten Oppositonspartei den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die erprobte Methode des systematischen Rechtsüberholens wird von der Arbeiterpartei auch weiterhin erfolgreich angewendet.

Trotz der großen Enttäuschung, die Peres durch den Krieg im Libanon und die Abriegelung der Autonomiegebiete bei der arabischen Minderheit in Israel hervorgerufen hat, haben sich die israelischen Palästinenser – immerhin nahezu ein Fünftel der Wählerschaft – dennoch bereit erklärt, ihre Stimme für Peres als Ministerpräsident abzugeben. Die „weißen“ Stimmzettel, die viele israelische Araber am 29. Mai in die Wahlurnen werfen wollten, wären dem Likud-Kandidaten Netanjahu zugute gekommen. Diesem „größeren Übel“ wollten die Palästinenser jedoch nicht zur Macht verhelfen.

Das nationale Führungsforum der arabischen Minderheit in Israel hat jetzt einen entsprechenden Aufruf veröffentlicht. In dem Aufruf heißt es, daß eine möglichst starke Vertretung der israelischen Araber in der Knesset notwendig ist, um den Friedensprozeß und den Kampf um Gleichberechtigung fortzusetzen: Gewählt werden sollen demnach die arabischen Listen sowie die gemischt arabisch- jüdische Liste der Demokratischen Front.

Was die Wahl des Ministerpräsidenten angeht, der erstmals in Israel direkt gewählt wird, so empfiehlt die nationale Führung der arabischen Bevölkerung, für Peres zu stimmen. Damit soll ein Sieg des Likud-Blocks und der Siedler verhindert werden, die sich einem Rückzug Israels widersetzen.

Ein ähnlicher Aufruf soll in den nächsten Tagen auch von den Kandidaten der beiden großen einflußreichen Listen ausgehen, der Vereinten Arabischen Liste und der Demokratischen Front. Diese haben jetzt die beiden wesentlich weniger aussichtsreichen arabischen Parteien unter dem Arafat Berater Ahmed Tibi und Mohammed Zeidan aufgefordert, den „Wettlauf in die Knesset“ aufzugeben und zu verhindern, daß arabische Stimmen verlorengehen. Es wird angenommen, daß weder Tibi noch Zeidan die nötigen 40.000 bis 45.000 Stimmen erhalten, die eine Liste braucht, um ihren Kandidaten in die Knesset zu bringen.

Die Arbeiterpartei kann zwar auch mit einer gewissen Unterstützung der arabischen Bevölkerung rechnen, aber ihr Hauptinteresse gilt der Stimmabgabe für Peres als Ministerpräsident. Und die ist ihr jetzt von den israelischen Arabern zugesagt worden.