Merkelnix läßt Schröder abblitzen

Umweltministerin schlägt die Einladung des niedersächsischen Ministerpräsidenten zu neuen Energiekonsensgesprächen ab. Sie selbst will die Bedingungen bestimmen  ■ Von Jürgen Voges

Hannover (taz) – Bundesumweltministerin Angela Merkel will nicht allein mit Gerhard Schröder und Vertretern der Atomindustrie über einen Entsorgungskonsens verhandeln. Schröders Einladung zu einer Atommüllrunde, an der auch PreussenElektra-Chef Hans- Dieter Harich und der Präsident des Atomforums Wilfried Steuer teilnehmen sollten, hat die CDU- Politikerin am Wochenende in mehreren Interviews abgelehnt. Merkel bezeichnete das Gesprächsangebot des niedersächsischen Ministerpräsidenten als „von der Form her verfehlt, vom genannten Termin her nicht machbar und von der Konzeption her für falsch“. Gleichzeitig bekundete die Bundesumweltministerin noch einmal ihr grundsätzliches Interesse an Gesprächen über einen Entsorgungskonsens, zu denen sie allerdings gern selbst einladen möchte.

Der Bundesumweltministerin paßt vor allem nicht, daß die niedersächsische Staatskanzlei die Öffentlichkeit über Schröders Konsensangebot informiert hatte. Die Einladung sei zwei Tage früher an die Medien gegangen, als sie bei den Eingeladenen selbst eingetroffen sei, klagte Merkel. „Nur diskrete sachliche Gespräche“, nicht aber „öffentliche Vorstöße“ seien hilfreich. Die Staatskanzlei in Hannover will allerdings Schröders Einladung erst an das Bundesumweltministerium gefaxt und dann die Presse informiert haben.

Spätere Einladung nach Bonn nicht ausgeschlossen

Angela Merkel selbst will nun zu gegebener Zeit Konsensgespräche in Gang setzen, bei denen „alle Beteiligten an einem Tisch“ sitzen. Diese Entsorgungsgespräche will die Bundesumweltministerin nicht allein mit Niedersachsen, sondern auch mit Nordrhein-Westfalen, Hessen und allen übrigen Bundesländern führen, in denen AKWs betrieben werden. Mit diesem Versuch, „wenigstens die Entsorgungsfrage endgültig und einvernehmlich zu klären“, will die Bundesumweltministerin offenbar vorführen, daß sich auch die SPD-regierten Bundesländer in der Frage des Atommüllverbleibs keineswegs einig sind.

Den bundesdeutschen Nuklearabfall möchte die Bonner Umweltministerin weiterhin am liebsten im löcherigen Gorlebener Salzstock vergraben. Für sie ist es jetzt vordringlich, „die endgültige Eignung dieses Endlagers festzustellen“. Allerdings lehnt Merkel nicht mehr prinzipiell eine Entsorgung des radioaktiven Mülls im Ausland ab. Zwar sei die Bundesrepublik für die Entsorgung des eigenen Atommülls selbst verantwortlich, meint Merkel. Langfristig hält sie aber eine Einigung mit Frankreich über ein gemeinsames Konzept nicht mehr für ausgeschlossen.

Schröder hatte in seinem Gesprächsangebot vorgeschlagen, erst im Jahr 2030 mit der Endlagerung des bundesdeutschen Atommülls zu beginnen. Ein Endlager für die abgebrannten Brennelemente im Ausland hatte er nicht ausgeschlossen.