Orgel auf Raumpatrouille

■ Gepflegte Langeweile: „Combustible Edison“ im Moments

Die schale Tanz-, Cocktail- und Hintergrundmusik der 60er Jahre wird seit einigen Jahren unter dem Label „Easy Listening“ neu entdeckt und rehabilitiert. Plötzlich sind all jene, die sich damals über die Berieselung mit „Muzak“ in Supermärkten und Fahrstühlen mokierten, humorlose Spielverderber. Ist es nicht chic zuzugeben, daß man schon immer eine heimliche Schwäche für Herb Alpert oder James Last hatte? Vornweg auf dieser neuen Welle reitet „Combustible Edison“: die (angeblich) erste Band, die (absichtlich) „Easy Listening“ als Live-Ereignis bietet. Stilecht ihr Auftritt im Bremer Club „Moments“: Man gab sich alle Mühe, jeden Anflug von musikalischem Anspruch im Keim zu ersticken – sehr zum Wohlgefallen des Publikums.

Die Herren in silbernen Glitzeranzügen, die Dame im eleganten Abendkleid und mit Korkenzieherlocken spielten auf Orgel, Kontrabaß, Schlagzeug, Gitarre und Vibraphon beschwingte Allerweltsmusik: mal ein wenig verträumt, mal zum Tanzen etwas rhythmischer, aber immer ordentlich, gepflegt und monoton. Die Ansagen klangen höflich, amüsant – aber nie witzig. Man hatte das Gefühl, wenn das Publikum wirklich einmal über einen Witz lachen oder bei einem Song aus dem Häuschen geraten würde, dann wäre die Band unangenehm berührt und würde das Scherzchen beim nächsten Auftritt aus dem Programm schmeißen.

Alles war extrem im Stil der 60er Jahre gehalten: ein Song wurde gar in Esperanto gesungen, und neben den eigenen Nachschöpfungen von Beat, hawaiianischen Tanzrhythmen oder Westernmusik spielte die Band ein Filmthema von Henry Mancini und die Titelmelodie von „Raumpatrouille Orion“. Dabei wurde dann einer der Widersprüche des neuen Easy-Listening-Kults deutlich. Es besteht nämlich ein Unterschied dazwischen, ob man die Filmmusiken, Partysongs und Gassenhauer von damals wiederhört oder ob heute Musiker versuchen, so zu komponieren und zu spielen, wie es früher mal geklungen haben mag. Die Musiker von „Combustible Edison“ hinken zwangsläufig immer den Originalen hinterher – nicht etwa, weil diese besser waren, sondern weil der Wiedererkennungswert fehlt. Man mag Tom Jones damals gehaßt haben, aber jetzt ist man unwillkürlich gerührt, wenn man zufällig „Delila“ im Radio hört. Und diesen Effekt können „Combustible Edison“ auch mit den neckischsten Orgelsounds nicht erreichen.

Außerdem ist es natürlich ein Witz, wenn diese Musik in einem Konzert gespielt wird, statt gefällig im Hintergrund zu plätschern. Vielleicht in einem Club als nette Beigabe zum Cocktail. Aber wenn dieser nette, leichte Spaß vor aufmerksam lauschenden Zuhörern auf der Bühne aufgeführt wird, widerspricht das dem Grundprinzip von Easy Listening. Deshalb war man diesmal richtig dankbar für die paar laut schwatzenden Besucher, die sonst immer so penetrant stören. Ohne sie wäre das Easy Listening manchmal schwer erträglich gewesen. Willy Taub