Traumpaar auf dem Theaterdampfer

■ Bei der Vorstellung des neuen Spielplans herrschte im Theater plötzlich wieder eitel Sonnenschein / Wagners „Meistersinger“ treffen Sten Nadolny in der Oper

Jede Eheberatungsstelle wäre stolz auf sie. Endlich mal eine gelungene Therapie. So traut und einig, wie sie sich jetzt bei der Pressekonferenz zum neuen Spielplan des Theaters präsentierten, hatte man Kultursenatorin Bringfriede Kahrs und den Intendanten Klaus Pierwoß noch nie beisammen gesehen.

Die anwesenden Journalisten, Zeugen jedes einzelnen Auftritts beim Drama um die Subventionskürzungen, mochten ihren Augen und Ohren kaum trauen. Monatelang waren die Fetzen geflogen, hatte man kommentarlos böse Faxe ausgetauscht und sich gegenseitig Kränkungen zugefügt. Doch das ist nun passe. In der kommenden Saison soll die ursprünglich von Pierwoß eingeschlagene Linie mit nahe zugleichem finanziellem Engagement der Kommune fortgesetzt werden.

Beigetragen hat dazu auch der Publikumserfolg der Theaters, der sich nun mit um elf Prozent gestiegenen Zuschauerzahlen sogar beziffern läßt. Das habe nicht unwesentlich dazu beigetragen, die Zuschüsse zu sichern, so daß die neue künstlerische Linie des Hauses ohne Einbußen im künstlerischen Bereich auch in der Saison 96/97 fortgeführt werden kann.

Beginnen wird die Spielzeit mit einer großformatigen Meistersinger-Produktion. Danach stehen wieder die Auftragskompositionen für zeitgenössische Komponisten im Zentrum des Interesses. Der italienische Komponist Giorgio Battistelli wagt mit „Die Entdeckung der Langsamkeit“ die Vertonung des Kult-Romans von Sten Nadolny. Und Stanley Walden, als Musiker des Theatermanns George Tabori in Bremen bekannt, setzt mit „Liebster Vater“ nach Franz Kafka auf ein interdisziplinäres Projekt, das die Sparten Tanz, Musik, Schauspiel und Gesang verknüpft.

Im Schauspiel, wo in Bremens letzter Spielzeit besonders die Arbeiten von Regisseurinnen Aufmerksamkeit erregten, soll dies seine Fortsetzung finden. Bislang wurde sogar die Mehrzahl der Regieaufträge an Regisseurinnen vergeben. Neben der Hausregisseurin Christina Friedrich arbeitet auch Konstanze Lauterbach wieder am Goetheplatz. Spannend dürfte ihre Arbeit an Lorcas „Dona Rosita bleibt ledig“ werden und Barbara Bilabels Versuch, sich mit Schillers „Don Carlos“ auseinanderzusetzen.

Doch Neues steht am Goetheplatz nicht nur im künstlerischen Bereich ins Haus. Es herrscht unter den Künstlern Kommen und Gehen: Ursula Karrusseit, die in der letzten Saison als „Herr Paul“ und Regisseurin von „Die Kunst der Komödie“ hervortrat, geht zurück nach Berlin. Max Hopp erntete begeisterten Applaus für seine Darstellung des Woyzeck und des Puck im „Sommernachtstraum“. Das Resultat: Schon in der nächsten Spielzeit ist Max Hopp am Hamburger Schauspielhaus engagiert.

Attraktiv auch für Nicht-Theatergänger: ein neues Bauvorhaben am Ostertorsteinweg. Ab Mitte Juni soll hier ein Theaterlokal gebaut werden, für das man durch die Anbindung ans Theater noch eine der im Viertel sehr knappen Konzessionen bekommen habe. In Zukunft werden die Zuschauer Gelegenheit bekommen, die Schauspieler, solange sie noch in Bremen sind, so kennenzulernen, wie sie im wirklichen Leben sind. Und das spielt nun mal in der Kneipe. rau