Haases Privatsponsoring wird zum Skandal

■ Tag der offenen Parlamentstür: AOK soll auf PDS-freier Bühne bestanden haben

Die Idee von Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU), den diesjährigen Tag der offenen Tür am 1. Juni durch privates Sponsoring zu finanzieren, scheint sich zu einem handfesten Skandal zu entwickeln. Nach unbestätigten Informationen der taz sollen Sponsoren Bedingungen gestellt haben, nach denen nicht genehme Fraktionen an diesem Tag in ihren Aktivitäten zu benachteiligen sind.

So soll die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) als Gegenleistung gefordert haben, daß der auf einer Bühne auftretende AOK-Präsident auf keinen Fall von der Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses interviewt werden darf: Die Ausschußvorsitzende Ingeborg Simon ist Mitglied der PDS-Fraktion.

Ein Mitarbeiter der Parlamentsverwaltung, der den Präsidenten Haase frühzeitig auf die Probleme des Privatsponsorings aufmerksam gemacht haben soll, ist dem Vernehmen nach strafversetzt worden.

Die Vorsitzenden aller vier Fraktionen und der Abgeordnetenhauspräsident Haase wollen heute auf der Ältestenratssitzung klären, ob sich neben Radio Hundert,6, dem IA-Nachfolger Puls-TV und der Berliner Zeitung auch andere Medien im dem Gebäude präsentieren dürfen. In den vergangenen Jahren war dies selbstverständlich, doch hat Haase diesmal als Gegenleistung für das Sponsoring diesen drei Medien Exklusivrechte eingeräumt. Alle anderen Sender, unter anderem der SFB, und Zeitungen sind nun ausgeschlossen.

Der Fraktionsgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Wachsmuth, erwartete gestern, daß Haase dem Ältestenrat eine Regelung vorschlägt, bei dem kein Medium benachteiligt wird. „Bestimmend dürfen nicht die Vorstellungen privater Sponsoren sein, nicht sie dürfen das Parlament präsentieren, sondern das Parlament muß sich selbst darstellen“, hieß es in einer Erklärung. Dies gelte insbesondere für Radio Hundert,6, das aufgrund seiner frauenfeindlichen Werbung in der Vergangenheit dem Ansehen des Parlaments abträglich sei.

Wachsmuth kündigte an, daß die Grünen den Tag der offenen Tür boykottieren werden, sollte Haase die Exklusivverträge insbesondere mit Hundert,6 nicht kündigen. Dirk Wildt