Sozialisten in der CDU?

■ Arbeitnehmergruppen der Union wollen Nachbesserungen des Sparpakets

Bonn – (taz) Die Arbeitnehmergruppen von CDU und CSU wollen offensichtlich das Sparpaket der Bundesregierung nicht um jeden Preis platzen lassen. Der Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Christlich-sozialen Arbeitnehmerschaft (CSA) Bayerns, Peter Keller (CSU), mahnte zwar gestern vor Journalisten in Bonn noch einmal Korrekturen des „Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung“ an. Gleichzeitig ließ er aber erkennen, daß die Arbeitnehmergruppen der Union dem Paket „auf Probe“ zustimmen werden, falls ihre Vorschläge in der Koalition scheitern. Grundsätzlich bejahte Keller die Sparpläne als „einzigen Weg“ zu mehr Beschäftigung.

Die Vorschläge, die Keller zusammen mit dem Europaabgeordneten Thomas Mann (CDU) in einem Positionspapier vortrug, sollen einen „neuen Sozialpakt“ zwischen Politik und Tarifpartnern stiften. Besonders bei der Beschneidung des Kündigungsschutzes und der Lohnfortzahlungen müssen dem Regierungsprogramm die „Giftzähne“ gezogen werden, forderte Keller.

Keller wies darauf hin, daß durch die geplante Anhebung des Kündigungsschutzes von fünf auf zehn Beschäftigte zukünftig jeder vierte Arbeitnehmer von Kündigung bedroht werde. Er forderte eine zeitliche Befristung dieser Regelung. Die von der Regierung geplante 20prozentige Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bringt nach Worten Kellers mehr politischen Schaden als finanziellen Nutzen.

Parallel zur Vorstellung des Papiers der Arbeitnehmervertreter der Union warnte der Wirtschaftspolitiker Friedhelm Ost (CDU) vor dem „Marsch in den Sozialismus“. Er bezeichnete die von der Bundesregierung beabsichtigten Neuregelungen für Kündigungsschutz und Lohnfortzahlungen als „minimale Korrekturen“. Jeder, der diese Maßnahmen nicht unterstütze, sagte Ost mit Blick auf den Arbeitnehmerflügel seiner Partei, „handele unsolidarisch mit den derzeit fünf Millionen Arbeitslosen“. Jochen Pfender