Wir finden auf jeden Fall was

■ Terror-Unterstützung gesucht, Impressums-Fehler entdeckt

Wer sucht, der findet: Nachdem Richter und Staatsanwälte damit scheiterten, dem linken Magazin Rote Hilfe Verfahren wegen der Unterstützung terroristischer Vereinigungen und wegen Beleidigung anzuhängen, blieb ein angeblicher Formal-Verstoß gegen das schleswig-holsteinische Pressegesetz übrig. Verhandelt wird heute vor dem Amtsgericht Kiel.

Die Entstehungsgeschichte des Verfahrens ist kurios: Die viermal im Jahr erscheinende Rote Hilfe, die allen wegen politisch motivierter Straftaten Inhaftierten kostenlos zugeschickt wird, landete im vergangenen Sommer auch in den Gefängnissen der vier im Rahmen des radikal-Verfahrens Verhafteten. Das Magazin wurde angehalten und vom Bundesgerichtshof unter dem Verdacht der Werbung und Unterstützung terroristischer Vereinigungen ausgewertet.

Als die Bundesrichter in einem umfangreichen Schriftsatz erklären mußten, daß sie nur sachliche Informationen, „in pointierter Weise“ dargeboten, zur Lektüre bekommen hatten, verfielen sie auf eine neue Idee: Ein Foto des KZ Dachau, das einen Artikel über die Justizvollzugsanstalt Straubing illustrierte, könnte wohlmöglich die dortigen Schließer beleidigen. Das Landgericht Kiel, an das das Verfahren inzwischen abgegeben worden war, fragte in Straubing nach, konnte aber niemand ausfindig machen, der sich durch die Text-Foto-Kombination beleidigt fühlte.

Obwohl sich nun alle strafrechtlichen Trümpfe als Luschen entpuppt hatten, blieb die Staatsanwaltschaft kreativ: Eindeutig gegen das Presserecht, befanden die Ankläger, verstoße das Impressum. Da die Staatsanwälte den Vorwurf bisher noch nicht konkretisiert haben, machten sich die Beschuldigten auf die Suche nach Formfehlern und konnten dabei nur entdecken, daß die Abkürzung des Vornamens des presserechtlich Verantwortlichen womöglich eine Ordnungswidrigkeit sein könnte.

Die aber hat ihren Grund: Da in der Vergangenheit auch die Verantwortlichen und AutorInnen linker Zeitschriften ins Visier neofaschischer Gruppen geraten sind, wollen die Rote Hilfe-HerausgeberInnen keineN der Ihren freiwillig militanten Rechtsradikalen präsentieren.

Marco Carini