Nachgefragt: Zaun für Knackies
■ Interview mit Justiz-Staatsrat Göbel
In der Silvesternacht sind neun Häftlinge aus der Jugendvollzugsanstalt Blockland ausgebrochen. Gegen zwei Beamte wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Sie sollen „Abalone“ gespielt haben, während die Jugendlichen drei Türen aufbrachen. Zwei Monaten später gelang erneut zwei Häftlingen die Flucht. Wir wollten von Michael Göbel, Staatsrat im Justiz-Ressort, wissen, ob Konsequenzen aus diesen Vorfällen gezogen wurden.
taz: In der JVA Blockland sind in den letzten fünf Jahren 22 Häftlinge ausgebrochen. Werden daraus Konsequenzen gezogen?
Michael Göbel: Ja, aber man kann nie garantieren, daß es nicht zu erneuten Ausbrüchen kommt. Die Justizdeputation hat in ihrer letzten Sitzung Mittel für einen inneren Sicherheitsring, also für einen drei Meter hohen Stahlzaun, bewilligt.
Wann wird der Zaun gebaut?
Sobald wie möglich.
Warum steht er noch nicht?
Das Geld ist erst bewilligt worden, und der Zaun kann nicht innerhalb von 24 Stunden gebaut werden.
Die Probleme sind doch aber schon seit langem bekannt. Hätte man den Zaun nicht schon früher ziehen können?
Das hätte sich nicht mit dem Konzept der Anstalt vertragen. Die Anstalt sollte möglichst offen sein. Auch in der Deputation hat es jetzt Kontroversen gegeben, ob man einen solchen Zaun überhaupt bauen soll.
Wenn innerhalb von fünf Jahren über 20 Häftlinge ausbrechen, ist das Konzept dann nicht gescheitert?
Das würde ich nicht sagen. Wenn die Leute wild entschlossen sind, auszubrechen, tun Sie das auch. Je schärfer man die Abgrenzung nach außen macht, desto stärker wird der Druck nach innen. Das letzte Mittel ist die Geiselnahme.
Hätte man nicht trotzdem früher auf die Ausbrüche reagieren können?
Die Klientel, die dort eingesperrt ist, hat sich stark verändert. Als die Anstalt gebaut wurde, waren dort noch relativ viele Jugendliche wegen leichter Delikte eingesperrt. Mittlerweile sitzen dort ältere Jugendliche ein und auch gefährlichere. Die Sicherheitsmaßnahmen mußten langsam angepaßt werden.
In der Silvesternacht waren aber offenbar nicht technische Mängel, sondern menschliches Versagen Ursache für die Ausbrüche.
Dazu gibt es widersprüchliche Aussagen. Die Beamten sind vor einigen Tagen gehört worden. Sie wollen sich noch einmal anwaltlich beraten lassen. Insofern ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen.
Von den neun Entflohenen kehrten sieben zurück. Wo sind die übrigen?
Die sind nach wie vor flüchtig. Es spricht einiges dafür, daß sie sich in die Türkei abgesetzt haben.
Wie stehen die Chancen, daß sie festgenommen werden?
Wenn sie im Bundesgebiet auffallen, gut.
Und wenn nicht, sind sie auf Nimmerwiedersehen verschwunden?
Das ist nicht auszuschließen.
Im März sind zwei Häftlinge ausgebrochen. Konnten die festgenommen werden?
Einer ist noch flüchtig.
Welche Maßnahmen sind eingeleitet worden, um die Flüchtigen zu stellen?
Kann ich Ihnen nicht sagen. Das ist Sache der Polizei und nicht die der Justiz.
Fragen: Kerstin Schneider
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