■ Die UNO lockert das Embargo gegen den Irak
: Kein Sieg für Saddam

Auf Bagdads Straßen herrscht Volksfeststimmung, aber so recht freuen wird sich Saddam Hussein wohl kaum. Die Kröte, die ihm mit dem Vertragswerk zur Implementierung der UNO-Resolution 986 serviert wurde, ist schwer verdaulich. Bagdad kann zwar nach fünf Jahren wieder ein wenig Öl verkaufen, aber über den Verkaufserlös kann das Regime nicht bestimmen.

Die Vertragsunterzeichnung ist für den Diktator eine Niederlage. Sein Versuch, die Verhandlungen über die partiellen Ölverkäufe solange hinauszuzögern, bis das Embargo ganz aufgehoben wird, ist fehlgeschlagen. Zudem hat die irakische Opposition über diplomatische Umwege erreicht, daß dem Regime die Kontrolle über die Verteilung der Hilfsgüter weitgehend entzogen wird. Ein Teil der Gelder geht an den selbstverwalteten kurdischen Norden. Dort werden die Hilfsprogramme weiterhin ohne Beteiligung der Saddam-Administration ins Werk gesetzt. Das sind tiefe Eingriffe in die Souveränität, die Bagdad vor einem Jahr noch als inakzeptabel ablehnte. Jetzt sind sie vertraglich festgehalten.

Mit der Verzögerung hat Saddam Hussein indes das Elend seiner Bürger in Kauf genommen. Dieser Vorwurf trifft allerdings auch die internationale Staatengemeinschaft. Obwohl die Not stetig wuchs, schrumpften die Fonds für humanitäre Hilfe. Um ihre „humanitären Intervention“, die im Irak erstmals als politisches Instrument erprobt wurde, überhaupt fortführen zu können, ist die UNO mittlerweile auf den Verkauf von irakischem Erdöl angewiesen.

Die Wirtschaftssanktionen sind eine stumpfe Waffe gegenüber einem totalitären Regime. Während der Irak ökonomisch auf das Niveau eines Dritte-Welt-Landes abgesunken ist, hat sich an den politischen Verhältnissen in Bagdad nichts geändert – Hungerrevolten blieben aus, politische Reformen ebenso. Statt dessen wird die Opposition weiterhin erbarmungslos verfolgt, Inhaftierungen und außergerichtliche Hinrichtungen sind nach fünf Jahren Embargo noch immer an der Tagesordnung.

Saddam Hussein hat bewiesen, daß er durchaus flexibel sein kann, wenn es seinem Machterhalt dient. Jetzt ist es an der Staatengemeinschaft, ihre Politik gegenüber der irakischen Zivilbevölkerung zu überdenken. Helen Feinberg

Ethnologin, freie Publizistin