Dem Zionismus fehlt die Nachfrage

■ Zeitungssterben in Israel: Zwei renommierten Blättern geht das Geld aus. Weder Staat noch Gewerkschaft wollten helfen

Tel Aviv (taz) – Nach 71 Jahren kam das Aus: Gestern erschien die israelische Tageszeitung Davar (Die Sache) zum letzten Mal. Der Grund für die Einstellung des inoffiziellen Organs der Gewerkschaftsbewegung Histadrut lautet: Geldmangel. Im Leitartikel der letzten Ausgabe hieß es, der Grund für die Schließung sei in der Gegenwart zu suchen, in der Profit oder Verlust entscheide: „Zionismus ist keine Ware mehr, für die es eine Nachfrage gibt.“

Im heutigen Israel hielten einige wenige den Zeitungsmarkt in ihren Händen, heißt es weiter. Weder die Histadrut noch private Investoren seien bereit gewesen, die Zeitung zu unterstützen. „Was nicht sofortigen Profit und Macht garantiert, ist hier einfach nicht mehr erwünscht und machbar.“ Auch der Staat sei nicht willens, das Erscheinen hochwertiger Medien zu subventionieren.

Zuletzt hatte die Zeitung nur noch 12.000 zahlende Abonennten. Wirklich verantwortlich für das Verschwinden des Blatts ist die in den letzten Jahren von der Arbeitspartei durchgeführte drastische Einschränkung des Einflusses der israelischen Gewerkschaftsorganisation, die früher nahezu ein Drittel der Wirtschaft beherrschte.

Ein anderes Opfer auf dem israelischen Zeitungsmarkt ist die hebräische Tageszeitung Telegraph. Das Wirtschaftsblatt stellte bereits am Montag das Erscheinen ein. Das vor drei Jahren mit Finanzhilfe aus den USA von Privatinvestoren gegründete Organ war ein Produkt der großen Hoffnungen der Geschäftsleute nach der Unterzeichnung des israelisch-palästinensischen Friedensabkommens. Im letzten Jahr seines Erscheinens hatte der Telegraph nur noch 10.000 Abonennten. Schließlich gab es Probleme in der Leitung der Zeitung, in der sich im Laufe von drei Jahren fünf Chefredakteure abgelöst hatten. Ein letzter Versuch, Telegraph und Davar zu vereinen, scheiterte. Amos Wollin