Motorische Analphabeten

■ Schwimmen für Besserverdienende: Die Bäderland GmbH will das Bismarckbad ab August für Vereine und Schulen schließen Von H. Jimo

„Ein Nichtschwimmer ist ein motorischer Analphabet. Wo sollen in Zukunft Kinder in Ottensen, Bahrenfeld und Altona das Schwimmen lernen, wenn die Vereine aus dem Bismarckbad ausziehen müssen?“ fragten sich gestern wütende Kinder, Eltern und Schwimmvereinsaktivisten vor dem Bismarckbad. Mit Trockenschwimmübungen protestierten sie gegen die Pläne der Bäderland GmbH, die große Halle des Bismarckbades als komfortables Freizeitbad ab August 1996 für Vereine und Schulen zu schließen. Im flotten Fitneß-Ambiente würden kreischende Kinder und übermütige Schulklassen nur stören.

Klauspeter Schelm, Geschäftsführer der Bäderland GmbH, hält dagegen das Bismarckbad fürs Vereinsschwimmen für gar nicht geeignet. Mehr noch, die für die Vereine reservierten Bahnen würden überhaupt nicht entsprechend genutzt. Natürlich gebe es da auch den Sparzwang, dem die Bäderland durch ihre alleinige Anteilseignerin, die Stadt, ausgesetzt ist, räumt er ein. Schließlich zahlten die Vereinsbadegäste nur den halben Preis, während andere Gäste in den Freizeitbädern „marktgerechte“ neun Mark berappen.

Daß elementare Bedürfnisse wie Schwimmunterricht oder Gesundheitsschwimmen nach rein betriebswirtschaftlichen Vorgaben beurteilt werden, nervt Kinder, Jugendliche und ehrenamtliche BetreuerInnen. Die Schulen, geschweige denn die Bäderland GmbH selbst, seien schon lange nicht mehr in der Lage, die Basisarbeit im Schwimmlernprozeß zu leisten, kritisierten sie. Außerdem könnten sich Kinder in den Vereinen nicht nur beim Kraulen sondern auch im sozialen Handeln üben, was gerade in einem Brennpunkt wie Ottensen und Altona absolut notwendig sei.

Die von der Bäderland angebotene Alternative, daß die Vereine ins Bad an der Budapester Straße umziehen könnten, dürften 90 Prozent der Kinder nicht annehmen, prophezeit Birgit Martens vom Altonaer Turn- und Sportverein (ATSV).