Kripo wollte Koks kaufen

■ ...und bekam Falschgeld angeboten / Provozierte ein Kripo-Nöb die Straftat? / „Opfer“ bekam 11 Monate

Kommissar-Hauptmeister Timme, ein „nicht öffentlich ermittelnder Kripo-Beamter“ („NöB“), hat monatelang versucht, im Café „Cappuccino“ in der Bremer Innenstadt von vermeintlichen Drogendealern Kokain zu kaufen. Als diese den Stoff nicht besorgen wollten und dem Ermittler stattdessen ein Geschäft mit Falschgeld anboten, ging er scheinbar darauf ein. Bei der Festnahme der beiden konnten dann jedoch keine Blüten sichergestellt werden.

Dieser Sachverhalt geht aus den Darstellungen des Vorsitzenden Richters Kratsch und des Staatsanwalts Gabler bei der gestrigen Verhandlung vor dem Landgericht Bremen hervor. Dort ging es jedoch nicht vorrangig um die Ermittlungsmethoden der Polizei, sondern um die Anklage gegen Thomas G., einen der Festgenommenen. Weil er der Versuchung durch den zivilen Kripo-Ermittler nicht widerstanden hatte, wurde er zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten ohne Bewährung wegen „versuchten Betrugs“ verurteilt. Der Richter begründete das Urteil mit dem weitgehenden Geständnis des Angeklagten und die Höhe des Strafmaßes mit der Tatsache, daß der 27jährige wegen eines ähnlichen Deliktes bereits verurteilt worden war und er sich zum Zeitpunkt des Falschgeld-Deals im Freigang aus dem Strafvollzug befand.

Der verteidigende Rechtsanwalt Troischt ging denn auch gar nicht auf die Straftat an sich ein, sondern auf die „kriminalpolitisch höchst fragwürdige“ Vorgehensweise der Kriminalpolizei. So war der nicht öffentlich ermittelnde Beamte zunächst offenbar von der Drogenfahndung eingesetzt, ging nach langer, erfolgloser Tätigkeit dann auf das Blüten-Geschäft ein, auch nachdem sich die ersten 100 Mark als „Echtgeld“ herausgestellt hatten. Es war vereinbart, 700.000 Mark des Falschgeldes zum Kurs 10:1 gegen Bares einzutauschen.

Obwohl die beiden Beschuldigten bisher eher als Kleinkriminelle wegen diverser Diebstahl-, Betrugs- und Einbruchdelikte bekannt und verurteilt waren, vermuteten die Ermittlungsbehörden sie offenbar im großen Drogengeschäft. Wegen der „Provokation“ der Straftat durch die Polizei beantragte der Verteidiger eine Strafminderung, er verglich das Vorgehen der Ermittler mit „sittenwidrigem Verhalten“. Da Staatsanwaltschaft und Verteidigung wegen des Geständnisses des Angeklagten jedoch auf die Vernehmung sämtlicher Zeugen verzichteten, konnte auch der geladene Zivilpolizist Timme nicht zu seinem Verhalten befragt werden. Dieses scheint nicht nur sittenwidrig gewesen zu sein, sondern auch wenig geschickt. Der Verurteilte Thomas G.: „Es war bekannt, daß er (Timme) ein Polizist ist. Ich wollte trotzdem mal wissen, wer das ist.“ sg