Borttscheller „nicht Speerspitze der Reform“

■ Innensenator bleibt bei Einbürgerung hart / Ausnahme: Bleiberecht für Ehepartner nach einem Jahr

Die CDU bewegt sich in Sachen Ausländerrecht. Das gilt nicht nur für Bonn, wo eine christdemokratische Reformergruppe seit Ende letzten Jahres wirbelt, um das Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht derart zu reformieren, daß es den Vorstellungen der sozialdemokratischen Opposition reichlich nahe kommt. Auch in Bremen gruppiert man sich vorsichtig neu um die Frage, ob die Koalitionsvereinbarung über Schnupperstaatszugehörigkeit für Kinder ausländischer Eltern „rechtlich unpraktikabel“ ist – oder sowieso „ein fauler Kompromiß“, wie die Reformer offen sagen. Um die fraktionsinterne Meinungsbildung voranzubringen, bevor die Bürgerschaft bei ihrer nächsten Sitzung einen gemeinsamen Eilantrag von CDU und SPD einbringt, nach dem der Senat Bundesratsinitiativen zur Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechtes unterstützen soll, fand am Dienstag eine öffentliche „CDU-Fachtagung zum Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht“ statt. Auf dem Podium saßen neben dem ausländerpolitischen Sprecher der Bremer CDU-Fraktion, Karl Uwe Oppermann, die Ausländerbeauftragte des Berliner Senats, Barbara John, zugleich Kämpferin für erleichterte Einbürgerung, und der Bundestagsabgeordnete Norbert Roettgen als Mitinitiator der CDU-Reformbewegung.

Ganz rechts außen plaziert vertrat Innensenator Ralf D. Borttscheller eine Minderheitenposition auf dem Podium – die in der Bundespartei jedoch immer noch „die CDU-Mehrheitsmeinung“ darstelle: „Einbürgerung steht am Ende eines Integrationsprozesses und ist nicht Mittel zum Zweck.“ Deshalb werde er sich nicht zur „Speerspitze der Reformbewegung“ machen, bestätigte der Innensenator seine Position gegen Doppelstaatsbürgerschaft und freizügige Bleiberechtsregelung. Allerdings halte er „Sonderregelungen“ für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern für möglich, blieb Borttscheller bei seinen Ausführungen vage im Vergleich zu den Forderungen der Reformer. Die wollen Kindern ausländischer Eltern bereits dann die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch zuerkennen, wenn zumindest ein Elternteil dauerhaft in Deutschland lebt. Erst in einem Zeitraum von drei Jahren nach der Volljährigkeit müßten die Jugendlichen sich für eine Staatsangehörigkeit entscheiden; alles andere sei „unchristlich“, argumentierte Roettgers. „Man darf Kinder nicht zwingen, sich zwischen Familie und Staat zu entscheiden.“

Nur in wenigen Punkten findet die Reforminitiative, die sich in weiten Teilen mit den inhaltlichen Forderungen des Bürgerschaftsantrags der Großen Koalition deckt, die Zustimmung des Bremer Innensenators. Lediglich die Verkürzung von Wartefristen für die Einbürgerung befürwortet Borttscheller unumwunden – auch wenn gleich mehrere Betroffene bei der öffentlichen Diskussion Klagen über mehrjährige Einbürgerungsverzögerungen seitens seiner Behörde vortrugen.

In einer Frage allerdings hat der Innensenator selbst eine Wendung vollzogen. Er befürworte, daß zugereiste Ehepartner bereits nach einem Jahr ein selbständiges Bleiberecht erhalten, so Borttscheller. Für zwei junge Türkinnen, die in Bremen kurz nach der Hochzeit vor ihren gewalttätigen Ehemännern fliehen mußten, bringe das allerdings keine Hilfe, bestätigte der Innensenator selbst: Weil die Frauen ihre Ehemännern verließen, bevor das erste Jahr um war, droht ihnen nun die Abschiebung. ede