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Keine Walter-Benjamin-Straße in Wilmersdorf

■ CDU-Mehrheit im Bezirk verhindert Ehrung und revidiert BVV-Beschluß

Eine Walter-Benjamin-Straße wird es in Wilmersdorf nicht geben. Das hat die BVV beschlossen, in der die CDU über eine absolute Mehrheit verfügt. Damit revidierte die BVV ihren eigenen Beschluß von vor fünf Jahren.

1991 hatten die damaligen Bezirksverordneten entschieden, den nach Reinhold Seeberg, einem geistigen Wegbereiter des Nationalsozialismus, benannten Seebergsteig aus dem Straßenverzeichnis zu streichen. Der Beschluß war jedoch nie umgesetzt worden, da über diesbezügliche Klagen der Anwohner beim Oberverwaltungsgericht noch nicht entschieden worden war.

Laut Bürgermeister Michael Wrasmann (CDU) hatten sich 98 Prozent der Anwohner gegen die geplante Umbenennung des Seebergsteigs ausgesprochen. Grund genug für die Christdemokraten, sich bereits im Wahlkampf gegen die geplante Ehrung des jüdischen Schriftstellers Walter Benjamin, der lange in Wilmersdorf lebte, stark zu machen. Unter den Bezirksverordneten sorgte die Rücknahme indessen für Tumulte. SPD und Grüne unterbrachen die Sitzung, um der Opfer des Faschismus zu gedenken. Darauf kündigte die CDU an, am Mahnmal für die Opfer des Kommunismus einen Kranz niederzulegen.

Glaubt man den Christdemokraten, ging es ihnen nicht um die Frage, ob Benjamin oder Seeberg der Bessere sei. Die Revision des BVV-Beschlusses sei „eine Entscheidung, die ich nicht mittragen kann“, meint Baustadtrat Alexander Straßmeir (CDU). Die schwarzen Flecken in der Biographie Seebergs seien aber nicht ausreichend, um eine Umbenennung zu begründen. Reinhold Seeberg war ein nationalkonservativer Theologe, der sich 1934 gegen die Bekennende Kirche wandte und sich zu den nationalsozialistischen Deutschen Christen bekannte. Gereon Asmuth

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