Press-Schlag
: Sibbe Tibs fä unsä Bädse

■ Dem 1. FC Kaiserslautern bieten sich diverse Wege aus der Zweitklassigkeit

Nachdem der Betzenberg, die Stadt Kaiserslautern, die Pfalz, der Südwesten und der Bundeskanzler lange genug in Tälern von Tränen versunken waren, wird es nun Zeit zu klotzen statt zu sülzen. Der 1. FC Kaiserslautern zweitklassig, das kann sich in der Pfalz noch immer niemand vorstellen. Es muß auch nicht so kommen. Statt in Selbstmitleid zu erstarren, sollte der FCK sein Schicksal in die Hand nehmen beziehungsweise in die seines mächtigen Ehrenmitglieds Helmut Kohl legen. Auch an den grünen und runden Tischen Deutschlands und Europas könnten noch Entscheidungen fallen, die das Unabwendbare noch einmal abwenden. Hier die sieben Wege aus der Zweitklassigkeit:

1. Der sportliche Weg. Man gewinne am Samstag gegen den Karlsruher SC den DFB-Pokal, feuere Krautzun, gewinne unter Kalli Feldkamp den Europapokal der Pokalsieger, schaffe den Wiederaufstieg, kaufe den Lauterer Mario Basler zurück und mische die Bundesliga auf. Fernziel: das Double im Jahr 2000. Dieser Weg ist der eleganteste, aber auch der schwerste.

Hört auf zu trauern, noch ist nichts verloren Foto: Bongarts

2. Der Rechtsweg (I). Bislang galt das eherne Gesetz, daß eine Mannschaft nach der alten Zweipunktewertung 30 Punkte zum Klassenerhalt braucht. Getroffen hätte es nach dem Zweipunktesystem den FC St. Pauli mit nur 29 Punkten. Keine kompetente Instanz hat dieses 30-Punkte-Gesetz offiziell aufgehoben, nach den Prinzipien des Rechtsstaates steht deshalb der FCK noch unter seinem Schutz. Um St. Pauli nicht zu benachteiligen, könnte man einfach einem anderen Club die Lizenz entziehen.

3. Der Rechtsweg (II). Mit dem Abstieg Kaiserslauterns und Frankfurts aus der Bundesliga stehen die drei Flächen- Bundesländer Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz ohne Erstligaverein da. Dies ist eine eklatante strukturelle Benachteiligung und widerspricht dem Verfassungsgebot einer föderalen Bundesrepublik. Vorschlag: Kaiserslautern und Frankfurt bleiben als stärkste Teams dieser drei Länder in der Bundesliga, die auf 20 Mannschaften aufgestockt wird. Einwänden aus den neuen Bundesländern könnte man mit dem Versprechen begegnen, auch diesen eine Erstligaquote zuzugestehen, sobald sie über 40 Jahre Mitglied der Bundesrepublik sind und über zehn Jahre lang den Kanzler stellen.

4. Der Europaweg. Um die politische und kulturelle Einheit Europas voranzutreiben, ließe sich ein dem politischen Gewicht Deutschlands und seines Kanzlers angemessenes Zeichen setzen. Zusammen mit den Regierungschefs Spaniens, Italiens, Großbritanniens, den Niederlanden, Belgiens und Frankreichs ruft Helmut Kohl eine Europaliga ins Leben, an der von deutscher Seite Dortmund und Bayern teilnehmen. Frankfurt und Kaiserslautern bleiben erstklassig.

5. Der machtpolitische Weg. Nachdem Kohl nunmehr schon so lange die Geschicke unseres Landes lenkt, daß die meisten Profis sich nicht mehr an seinen Vorgänger erinnern können, nachdem in dieser langen Zeit öfter auf seinen Machtinstinkt hingewiesen wurde als auf den Torinstinkt Rudi Völlers, wäre es an der Zeit, diese geballte politische Macht endlich einmal für eine sinnvolle Sache einzusetzen. Kohl bestimmt per Dekret, daß St. Pauli absteigen muß, weil dieser Verein politischen Chaoten und Wirrköpfen Woche für Woche eine öffentliche Plattform bietet und somit aus Gründen der inneren Sicherheit nicht mehr tragbar ist.

6. Der separatistische Weg. Bereits seit Jahren fordert Erwin Dietz, Separatist und Gegner der Wiedervereinigung in der Zeitschrift, die sich die endgültige Teilung Deutschlands zur Aufgabe gemacht hat, den „Austritt der alten Länder aus der Schuldenrepublik, resp. ihren Beitritt zu Lotharingien“ (Titanic 3/94, S. 20). Dietz verweist auf die Erklärung vom 16. 9. 1993, in der sich in Saarbrücken das Saarland, die Westpfalz (ohne Ludwigshafen-Oggersheim!), Trier, Luxemburg und Lothringen zur „Region Lotharingien“ erklärt haben. Diese Region könnte durchaus den Charakter eines Kleinstaates im Herzen Europas annehmen, zumindest eines autonomen Staates im Staate im Stile Schottlands, mit eigener Profiliga und eigener Nationalelf. Neben Kaiserslautern würden so traditionsreiche Vereine wie der FK Pirmasens, Borussia Neunkirchen, Eintracht Trier, der 1. FC Saarbrücken oder der FC Metz in der ersten Liga spielen, der FCK hätte gute Chancen, dauerhaft in der Champions League mitzumischen, und in der lotharingischen Nationalelf würden nebenbei Mario Basler und Stefan Kuntz für Furore sorgen.

7. Der Holzweg. Auf diesem befindet sich der FCK bereits seit längerer Zeit. Er führt in die Drittklassigkeit.

Die Reaktionen auf die Vorschläge waren unterschiedlich. Präsident Thines: „Siwwe Tibs fä unsä Bädse, erschdglassisch se bleiwe? Das glaawe Sie doch selwä ned!“ H. Kohl: „Sipp'n Tipps füdd'n FCK, erstklassik zu plapp'n? D's glaop'n Sie doch selpst nit!“ Wir meinen: Man soll den Saumagen nicht verteilen, solange die Sau noch grunzt. Joachim Frisch