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: Rudi - der letzte Held der Sozis

Rudi Völler spielt nicht mehr. Sein 332. und letztes Tor erzielte er am Dienstag bei seinem Abschiedsspiel, wo sich Rüdiger Vollborn netterweise bei einem Kopfballaufsetzer tunneln ließ. Jetzt folgen nur noch Benefizspiele mit alten Herren.

Rudi Völler ist so populär wie Uwe Seeler in seinen großen Jahren, hat auch ähnlich gespielt wie Seeler, oft überragend, immer solide, ameisenfleißig, zäh und torgefährlich, und er riskierte lieber Flugkopfbälle und Fallrückzieher als eine dicke Lippe zwischen den Spielen. Mit Völler verabschiedet sich der letzte Held des sozialdemokratischen Zeitalters.

Die Überzeugung, daß er auch als Millionär und Weltstar einer von ihnen geblieben sei, hat die Fans immer wieder zu Verbrüderungsübergriffen getrieben. 1990, während der WM in Italien, sah man Völler im Dauerlauf vor Schlachtenbummlern fliehen, die ihn auf der Straße abgepaßt hatten, um ihn zu umarmen und ein Erinnerungsfoto zu schießen. Und er hatte ihnen den Gefallen sogar getan.

Unpassenderweise hat das ZDF das Abschiedsspiel als Salbaderfestival aufbereitet. „Wenn Sie den beobachten auf dem Feld, auch jetzt noch übrigens, das ist einer, der nicht nur einläuft, um auf dem Feld rumzustehen, sondern der kämpfen will“, orgelte eingangs Helmut Kohl, und Jürgen Klinsmann holte zu einer Faselsuada aus: „Er war immer einer, der wo immer ein offenes Ohr hatte, wenn man mal 'n paar Probleme hatte, man konnte immer auf ihn zugehen, er ist einfach, ja, von der, von der Person her hat er jeden so genommen, wie er ist, er hat jeden immer respektiert und hat immer irgendwie 'n Lächeln für einen übrig gehabt, also, ich hab' den Rudi eigentlich nie erlebt, wo er richtig mal die Miene runtergehängt hat, das hat mir, also, wahnsinnig viel Spaß gemacht die ganzen Jahre.“

Nach dem Spiel erklärte Wolf Dieter Poschmann, daß das ZDF-Programm noch lange nicht zu Ende sei: „Es kommen jetzt zwei Typen, ähnlich wie Rudi Völler – Hauser und Kienzle!“ Tante Käthe hatte es offentlich nicht mitbekommen. Gerhard Henschel