Die „Arabische Bewegung“ in Israel gibt auf

■ Der Palästinenser Ahmad Tibi zieht seine Kandidatur für die Knessetwahlen zurück. Seine Anhänger sollen Regierungschef Schimon Peres ihre Stimmen geben

Tel Aviv (taz) – Bei den Knessetwahlen in einer Woche sind die israelischen WählerInnen um eine Wahlmöglichkeit ärmer: Am Dienstag erklärte Ahmad Tibi den Rückzug seiner „Arabischen Bewegung für Erneuerung“ aus dem Wahlkampf.

Tibi, ein Palästinenser mit israelischer Staatsangehörigkeit, befürchtet, daß seine Liste weniger als 1,5 Prozent der Stimmen bekommen würde. Der Einzug in die Knesset wäre damit gescheitert, die für Tibi abgegebenen Stimmen wertlos. Der studierte Gynäkologe riet den israelischen Arabern daher, für Ministerpräsident Schimon Peres und seine Arbeitspartei zu votieren. Die Wahl werde über das Schicksal des Friedensprozesses im Nahen Osten entscheiden, sagte Tibi.

Eine wichtige Wahlkampfparole des oppositionellen Likud ist damit hinfällig geworden: Das Rechtsbündnis hatte die WählerInnen vor die Alternative „Bibi oder Tibi“ gestellt. Bibi lautet der Spitzname des Likud-Kandidaten für das Amt des Regierungschefs, Benjamin Netanjahu. Peres begrüßte den Rückzug Tibis und erklärte, der Palästinenser habe „richtig gehandelt“.

Amtliche israelische Sprecher weisen darauf hin, daß Tibis Rückzug im Einverständnis mit der palästinensischen Führung in Gaza erfolgte. Offensichtlich fürchtete Jassir Arafat einen Mißerfolg Tibis. Tibi gilt als Vertrauter des PLO-Chefs, seine Niederlage würde also nicht gerade für die Popularität Arafats bei den israelischen Palästinensern sprechen.

Arafat – einst unangefochtener Liebling unter der arabischen Bevölkerung Israels – hat angesichts seiner engen Zusammenarbeit mit den israelischen Behörden stark an Popularität verloren. Vertreter dieser Minderheit im jüdischen Staat fordern zur Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts eine Zweistaatenlösung zwischen zwei gleichberechtigten Völkern.

Die 1,5-Prozent-Klausel als Hürde zum Eintritt in die Knesset bedeutet, daß nur Listen, die mehr als 40.000 Stimmen erhalten, Aussicht auf einen der 120 Sitze im Jerusalemer Parlament haben. Obwohl mehr als 540.000 israelische Araber (14 Prozent der gesamten Wählerschaft) wahlberechtigt sind, lag Tibis Liste bei Meinungsumfragen unterhalb dieses Limits. Daß er in den israelischen Medien als der meistzitierte und populärste palästinensische Sprecher erscheint, dürfte seiner Glaubwürdigkeit bei der palästinensisch- israelischen Wählerschaft nicht genützt haben.

Nachdem Tibi nicht mehr im „Rennen“ ist, stehen am 29. Mai nur noch zwei einflußreichere arabische Listen zur Wahl: die linke Demokratische Front und Abdal- Wahab Darausches Allianz mit einem Teil der israelischen Islamisten. Außerdem beteiligt sich an den Wahlen noch eine kleinere arabische Liste, die wenig Aussichten auf das Stimmenminimum hat. Wie schon bei früheren Wahlen wird auch diesmal ein Teil der arabischen Bevölkerung für eine der zionistischen Parteien Likud oder Arbeitspartei stimmen, wobei vor allem die Arbeitspartei zu gewinnen hofft. Ihr Wahlkampf unter der arabischen Bevölkerung zielt darauf ab, eine möglichst große Anzahl von Stimmen zur Unterstützung von Peres zu mobilisieren. Amos Wollin