Schwarz-weiß-rotes Ehrenamt

■ Bürte Hoppe ist die Fan-Beauftragte des Viertligisten Altona 93. Wenn alles gut geht, steigt ihr AFC heute in die Regionalliga auf Von Folke Havekost

Seit Mittwoch trägt Bürte Hoppe nur noch schwarz-weiß-rot – nicht fürs untergegangene Königreich Preußen, sondern für den AFC. Am Tag, der den Aufstieg bringen soll, ist das wertvollste der Leibchen dran – das aktuelle Trikot, auf dem Unterschriften sämtlicher Spieler von Altona 93 pranken. Bürte ist die ehrenamtliche Fan-Beauftragte des Vereins, der sich heute abend mit einem Sieg über den VfL Pinneberg das Regionalliga-Ticket sichern kann.

„In der Sommerpause war ich als einzige bei jedem Freundschaftsspiel dabei“, erzählt die 24jährige. Beim Tingeln über die Dörfer sprach Liga-Obmann Walter Weise sie an, ob sie nicht Fan-Beauftragte werden wolle. Seitdem organisiert sie Auswärtsfahrten, müht sich, den Vertrieb von Fan-Utensilien anzuleiern und ist Kopf der Fan-Gemeinschaft, einem lockeren Zusammenschluß: „Kein Fan-Club, wo oft Zwang dahintersteht“.

Das Novum einer Fan-Beauftragten bei einem Noch-Viertligisten stößt aber auch auf Hindernisse. „Die Zusammenarbeit mit Trainer und Mannschaft klappt super, aber im Vorstand sind nicht alle kooperativ“, klagt Bürte, „manche meckern bloß.“ Der Eindruck, sie werde nur als Ankurblerin der Stimmungsmaschinerie gesehen, drängt sich auf. „Beim Spiel gegen Neumünster hat Walter Weise mich gefragt, ob wir Anschauungsunterricht nebenan bräuchten“, schildert Bürte die Probleme, wenn die Anhängerschaft einmal nicht so funktioniert, wie der Club es gerne möchte: „Dann heißt es gleich, mein Elan ließe wohl nach.“

Das Thema Neumünster ist ohnehin ein wunder Punkt im Verhältnis zwischen Verein und Fans. AFC-Trainer Dieter Schatzschneider hatte sich nach dem Spiel gegen den VfR bei der Presse über die mangelnde Unterstützung durch die Fans beklagt. Die Altonaer Fans sollten sich besser den gegnerischen Anhang zum Vorbild nehmen, ausgerechnet den pöbelnden Gästeblock, der auch den eigenen Coach nicht verschont hatte. Beim nächsten Heimspiel gegen Bergedorf 85 skandierten trotz eines 3:0-Siegs einzelne AFC-Fans „Schatzschneider raus!“ Das führte zu einem Mini-Eklat – nach dem Spiel verweigerte die Mannschaft aus Solidarität zum Coach die nach Siegen obligatorische Welle.

„Wenn ich bei der Pressekonferenz gegen Neumünster dabei gewesen wäre, hätte ich dazu gleich etwas sagen können“, meint die nicht zur PK zugelassene Fan-Beauftragte, die sich plötzlich zwischen allen Stühlen wiederfand, „so erfahre ich das erst im Nachhinein.“ Während die HSV-Fans mittlerweile einen Sitz im Vorstand einnehmen und der FC St. Pauli über selbiges nachdenkt, scheinen die AFC-Unterstützer eher als Anhängsel gesehen zu werden. Auch im Fan-Artikel-Bereich, wo selbst ein Mauerblümchen wie der SV Lurup Baseball-Caps bedrucken läßt, ging die Initiative von der Jugendabteilung aus: Als erste AFC-Devotionalie werden demnächst Schals vertrieben.

Die Vertretung von Fan-Interessen bei Altona 93 wird auch dadurch erschwert, daß ein langjähriges, kaum organisiertes Stammpublikum in den vergangenen Jahren durch Fans angereichert wurde, deren erste Sympathien entweder beim HSV oder beim FC St. Pauli liegen. Bald könnte der AFC vor der Identitätsfrage stehen, wessen kleiner Bruder er sein möchte.

Während historisch manche Verbindung zum HSV gezogen werden kann, verdankt Altona 93 seine jüngere Popularität gerade einigen Fans des FC St. Pauli, die den AFC als Zweitverein erkoren und die darniederliegende Fanszene belebt hatten. Entstanden, als während der EM 1992 dänische Flaggen aus den Fenstern hingen und Altona einen gewissen Szene-Chic besaß, hat die Fresh Connection bis heute gehalten.

Mit dem Fan-Club AKN Family formierte sich jedoch inzwischen eine Konkurrenz zur Fan-Gemeinschaft. Auf einem Flyer wurden weit auseinanderliegende Standpunkte festgestellt: „So sind wir in der Mehrheit HSV-Fans, und Bürte unterstützt St. Pauli.“ Daß der AFC in einen Stellvertreter-Konflikt geraten könne, befürchtet Bürte gleichwohl nicht: „Achtzig Prozent unserer Zuschauer sind alteinge-sessen.“ Außerdem gehe es nur darum, den AFC zu unterstützen: „Ein bißchen Konkurrenzkampf ist okay, schlimm wird es erst, wenn wir für Auswärtsfahrten zwei getrennte Busse organisieren müssen.“

Altona 93 – VfL Pinneberg, heute 19 Uhr, Griegstraße. Informationen bei Bürte Hoppe (