: Keine Lehrstellenbettelei
■ GAL fordert Strafabgabe für Betriebe, die keine Ausbildungsplätze schaffen
Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos) ist stolz darauf, persönlich Briefe an Hamburger Firmen zu schreiben. Seine stete Bitte: Schafft Ausbildungsplätze. Augenwischerei sei diese „Lehrstellenbettelei“, findet die GAL-Fraktion. Nur noch jeder dritte Hamburger Betrieb bildet aus. Von Oktober 1995 bis Februar 1996 meldeten die Betriebe fast 600 Stellen weniger als im Vorjahr. „Der Konkurrenzkampf um die knappen Lehrstellen geht vor allem zu Lasten benachteiligter Jugendlicher“, schimpfte der GALier, Andreas Bachmann am Mittwoch abend in der Bürgerschaft.
Für eine „Solidarische Ausbildungsfinanzierung“ will die GAL eine Abgabe für nicht-ausbildende Betriebe einführen. „Zahlen müssen konkret die Unternehmen, die als Trittbrettfahrer von den Ausbildungsleistungen anderer profitieren“, so Bachmann. Deshalb solle der Hamburger Senat im Bundesrat eine entsprechende Initiative starten, fordert die GAL in ihrem Antrag.
„In anderen Regionen werden noch viel dringender betriebliche Ausbildungsplätze gesucht“, gab die SPD-Abgeordnete Renate Vogel zu bedenken. Außerdem dürfe die „Pflicht“ zur Bereitstellung von Ausbildungsplätzen nicht zum „Freikaufen“ verkommen.
Die CDU schlug sich indes auf die Seite des Wirtschaftssenators. Erst einmal müßten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, Unternehmen zu motivieren. Handlungsbedarf sieht CDUlerin Ingeborg Knipper nicht in der Wirtschaft, sondern in den Schulen. „Bessere Ausbildungsvoraussetzungen“ gelte es zu schaffen. Zwang würde nur dazu führen, daß Betriebe ihre Azubis anschließend nicht übernehmen. Der Verwaltungsaufwand einer Abgabe sei zudem „gewaltig“. Knipper: „Das ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Bürokraten.“
Silke Mertins
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