Kulturfachleute zurück zur Schule

■ Der Stadtteilkultur werden Geld und gute Leute abgezogen: Laut Beschluß der Deputation müssen die Kulturreferenten der Ortsämter halbtags Lehrer spielen

Die Vorstellung, den drohenden Sparkurs bei den soziokulturellen Läden doch noch abzuwenden, hat sich als Wunschtraum entpuppt. Die Kulturdeputation fand bei ihrer gestrigen Sondersitzung keinen Weg, doch noch Subventionen in größerem Umfang für die gebeutelten Einrichtungen, insbesondere für das Lagerhaus, aufzutreiben. Gescheitert ist vor allem der Versuch, zusätzliche 200.000 Mark aus dem Topf für Wirtschaftsförderung (WAP-Fonds) zur Soziokultur hinüberzuretten. „Diese Idee hat sich in Luft aufgelöst“, mußte die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Carmen Emigholz, den übrigen Deputierten gestern mitteilen.

Dabei hätte alles so prima gepaßt. 205.000 Mark soll das Kulturzentrum Lagerhaus im laufenden Haushaltsjahr sparen; 200.000 Mark stehen im WAP-Fonds für ein Kulturprojekt herum, das es nicht geben wird. Alles bereits bewilligt. So hatten Emigholz und ihre CDU-Kollegin Elisabeth Motschmann sich den Transfer überlegt. Der Fehler im System: Geld, das zum Zwecke der Wirtschaftsförderung bewilligt wurde, darf nicht kurzerhand für die laufenden Kosten einer festen Kultureinrichtung umgewidmet werden. So will es das Haushaltsrecht.

Damit stehen die soziokulturellen Einrichtungen wieder im Dilemma, über ein Fünftel ihrer bisherigen Subventionen einsparen zu müssen. Bleibt das vage Versprechen von SPD und CDU, das fehlende Geld während des laufenden Haushaltsjahres doch noch irgendwo aufzutreiben.

Was den Kulturläden in den Stadtteilen außer Geld noch fehlen wird , sind ihre Mittelsleute in den Ortsämtern. Die Kulturreferenten sollen nämlich halbtags wieder zurück in den Schuldienst beordert werden. So beschloß es die Deputation gestern. In den Ortsämtern Neustadt, Westen, Vegesack sowie Mitte arbeiten seit Jahren Mitarbeiter, die als „Scharnier zwischen den ganzen Kulturinitiativen“ fungieren, so Robert Bücking, Ortsamtsleiter Mitte.

Nun wird das Scharnier ziemlich quietschen: Wenn nämlich die Kulturreferentin fürs Ostertor vormittags z.B. in Pusdorf den Deutschunterricht bestreiten muß, um dann nachmittags und abends die Kultur im Viertel zu koordinieren. Die Referentenstellen, so Bücking, wären gerade angesichts der anstehenden Kürzungen „integral wichtig für den kommenden Prozeß der Umstrukturierung in den kulturellen Einrichtungen.“ Diese Kompetenz werde in den Quartieren schmerzhaft fehlen. tw