Schicker Panzer, Baby!

■ Design aus Frauenhänden: Die Ausstellung „Less is more“ zeigt die Arbeit von Industrie-, Textil- und Schmuckgestalterinnen in der Securitas-Galerie

Wenn sich eine Designerin an die Gestaltung eines Steuerknüppels wagt, gehört dazu Mut. Und wenn es der Steuerknüppel von wuchtigen Baumaschinen ist, gehört besonders viel Mut dazu. Schließlich gelten Baggerführer als konservativ. Und auch in den Augen vieler Auftraggeber ist die Gestaltung von Autos, Flugzeugen und Baggern immer noch Männersache. Die Hamburger Gestalterin Maria Meyring, 38, hat sich trotzdem getraut – und mußte prompt Zugeständnisse machen. Nur ein zurückgeschraubtes Modell wurde in die Serienproduktion übernommen. Zu sehen sind ihre ästhetischen Handgriffe, die sich an Sportwagen, Flugzeugen und Spielautomaten orientieren, derzeit in der Securitas Galerie in Bremen.

Treibende Kraft dieser selbstbewußten Eigendarstellung weiblicher Kompetenz ist das „Designerinnen Forum“. 250 Gestalterinnen vor allem aus Deutschland und der Schweiz nutzen dieses gemeinsame Organ inzwischen. Die Designerinnen brauchen solche Selbstdarstellungen auch dringend, wie Karin Hoffmann, Vorsitzende des Forums und selbst erfolgreiche Uhrengestalterin, während der Ausstellungseröffnung erklärte. Denn an den Unis sind Frauen und Männer z.B. im Studiengang „Industrial Design“ zwar gleich stark vertreten. Aber im Beruf und in den entsprechenden Verbänden bleiben gerade mal knapp zehn Prozent der Frauen übrig. Auftraggeber würden Frauen mißachten, kritisierte Hoffmann; die Medien würden bevorzugt über männliche Designstars berichten.

Die Absicht also leuchtet sofort ein, nur das Ausstellungsmotto „Weniger ist mehr“, das auf unsympathische Weise an Lehrerkommentare unter dem Deutschaufsatz erinnert, ist unglücklich gewählt. „Less is more“, klärte Karin Hoffmann auf, sei keinesfalls die Forderung nach weniger Honorar, nach weniger Designerinnen oder nach ausschließlich ökologisch bestimmten Produkten. Gemeint seien vielmehr funktionale und ästhetische Produkte, bei denen der Herstellungsaufwand stimmt. Und die seien eben weder männlich noch weiblich: „Dem Design ist das Geschlecht egal.“

Die Frau hat Recht. Die Themen bleiben nicht stecken bei Schmuck, Kindergeschirr, Babysitz und Kochlöffel, kurz: bei Dingen, die sich um Küche und Herd drehen und die als „typisch weiblich“ einsortiert werden könnten. High-Tech-Geräte werden ebenso von Frauenhänden gestaltet wie der Schreibtisch für die Chefetage.

Katrin Lucas' Armreif „Fisch“, bereits in Serienproduktion, wird vor allem in Möbelgeschäften vertrieben. Er sieht aus wie ein Schuppenpanzer und läßt sich stufenlos sowohl Männer- als auch Frauengelenken anpassen. Technisch perfekt auch die Überknöpfe aus Sterlingsilber, die man am Hemdknopf befestigt. Sie sollen die alten Broschen ablösen, die widerwärtige Löcher verursacht haben. Wenn der schlecht angenähte Knopf freilich unterwegs abreißt, geht auch der Schmuck verloren.

Wenig funktionell erweist sich ein vom Möbelhaus Ikea gesponsertes Mülltonnensystem. Nesselsäcke hat Sabine Gabor, 31, an schwarzen Stahlfüßen eingehängt und mit lustigen Pappmachédeckeln verschlossen. Wer Müll trennt, muß sich hier nicht mehr bücken. Das ist genial. Geeignet sind die „Müllmöbel“ mit bonbonfarbigen Deckeln jedoch allenfalls, um Korken und Papier zu entsorgen. Bei Biomüll würden die hellen Stoffsäcke hoffnungslos durchsuppen.

Auch die Erlösung der guten, alten Nähmaschine vom biederen Mutti-Image läßt noch auf sich warten. In ihrer Diplomarbeit hatte Bea Naumann dem Gerät die übliche Massivität genommen – durch einen klitzekleinen, computergesteuerten Linearmotor samt Display. Jetzt thront die leichtgewichtige Zukunftsmaschine aus Kunststoff in einer Vitrine. Das Modell „Creator“ ist so abgedreht schön und schnittig, daß es für den Nähmaschinenkoffer fast zu schade wäre. Doch die Industrie biß nicht an: In Zeiten, wo eher Spar- als Innovationsmodelle gefragt sind, zeigten sich Firmen wie Pfaff und Bernina verschlossen. Bleibt die Hoffnung vieler Designerinnen, daß ihre Ideen durch die Ausstellung den Sprung vom Modell zur Serienfertigung schaffen – gerade weil sie von Frauen praxisorientiert gestaltet wurden. Sabine Komm

Bis 30. Juni in der Securitas-Galerie, Am Wall 121