Nachgefragt
: Wir würden streiken

■ GEW kämpft gegen mehr Pflichtstunden

In den Streit um die Schulpolitik hat sich jetzt auch die Lehrergewerkschaft GEW mit einer scharfen Stellungnahme gegen den SPD-Fraktionschef Christian Weber eingeschaltet. Weber hatte vorgeschlagen, die Lehrerarbeitszeit zu erhöhen, um auch ohne Neueinstellungen den Schulbetrieb aufrecht erhalten zu können. Heiko Gosch ist Landesvorstandssprecher der GEW.

taz: Die GEW legt sich mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Christian Weber an...

Heiko Gosch: Nein, die GEW hat die Konfliktlinie nicht aufgemacht. Wir haben nur darauf reagiert, daß der SPD-Fraktionsvorsitzende sich – vielleicht auch in Unkenntnis mancher Regelungen – dafür eingesetzt hat, sofort die Pflichtstunden der Lehrer anzuheben.

Aber die sind in Bremen doch niedriger als im Bundesdurchschnitt.

Das ist korrekt, aber das ist nicht der Streitgegenstand.

Die Forderung ist aber doch nicht ganz abwegig, daß Bremer Lehrer nicht weniger arbeiten sollen als Lehrer in anderen Bundesländern.

Für Bremen ist die Forderung abwegig. Denn hier haben wir einen Kooperationsvertrag, in dem unstrittig geregelt ist, die Pflichtstundenzahl bis Ende 1997 auf gar keinen Fall anzufassen und stattdessen zu versuchen, Schule anders zu organisieren und dazu passend eine andere Arbeitszeit zuzuschneiden. Jetzt die Pflichtstundenzahl zu erhöhen, ist völlig unpassend, zumal es das Bild erzeugt, die Schule würde nur aus Unterricht bestehen. Schule ist aber mehr als Unterricht.

Das heißt, Schule funktioniert in anderen Bundesländern nicht?

Sicherlich gibt es in vielen Bundesländern den Streit darüber, wie Schule verbessert werden kann. Aber in Bremen haben wir doch jetzt schon ein Durchschnittsalter von nahezu 50 Jahren. Würde hier die Pflichtstundenzahl um eine Stunde erhöht, dann hätte das zur Folge, daß rund 250 Lehrerstellen im Land Bremen eingespart würden. Es würden also weiterhin keine Einstellungen erfolgen, das Durchschnittsalter würde auf über 50 Jahre ansteigen. Der Krankenstand würde steigen, vorzeitige Pensionierungen würden zunehmen, Spareffekte würden in einem erheblichen Teil aufgefressen werden, der Schulfrieden wäre zerstört. Wir fordern die Einhaltung des Kooperationsvertrags.

Der ist damals mit Bildungssenator Scherf geschlossen worden. Fühlen Sie sich von ihm jetzt alleingelassen?

Wir können sagen, daß das Rathaus sich bisher dafür einsetzt, daß dieser Vertrag eingehalten wird. Es scheint also so zu sein, daß ein Konflikt, der innerhalb der CDU bereits zugunsten einer Pflichtstundenzahl-Erhöhung geregelt ist, nun auch in der SPD-Fraktion um sich greift. Und da sagen wir: Wer jetzt dieses Thema anfaßt, der provoziert damit einen Arbeitskampf.

Wäre die GEW in der Lage, für die Pflichtstundenzahl zu streiken? Die meisten Lehrer sind ja Beamte – zum Teil auch auf Druck der GEW. Damit haben sie kein Streikrecht.

Die Debatte um die Verbeamtung bitte ich, zu einem anderen Zeitpunkt zu führen. Zum Kern der Frage: 1988, 1989, 1992 oder auch jetzt in den jüngsten Warnstreiks haben wir nie das Problem gehabt, zwischen Angestellten und Beamten zu differenzieren. Unsere Mitglieder sind – wenn sie es für nötig halten – in der Lage und bereit, die Arbeit niederzulegen – unabhängig von ihrem Status. Ase

Beamte dürfen doch gar nicht streiken.

Bei Streiks darf man nie danach fragen, was die Gegenseite einem erlaubt. Nur so kann man ein Streikrecht durchsetzen. Ase