Freundinnen zum Mieten

■ Ein Begleitservice von Frauen für Frauen bietet Geschäftsfrauen und Touristinnen Alternativen zu öden Abenden an der Hotelbar. Ausgefallene Wünsche werden bedient, Sex ist tabu. Lesben können ein Blind-date buchen

Für die Damen der New Yorker High-Society sind sie unentbehrlich: die gutaussehenden, jungen Männer, die sie zu Wohltätigkeitsveranstaltungen und Empfängen begleiten. Schließlich sind ihre Ehegatten vielbeschäftigte Geschäftsmänner oder Politiker und können nicht allen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen. Während sich die Ära der „walker“, wie die Salonlöwen im Englischen heißen, dem Ende zuneigt, hat sich längst eine kommerzielle Variante etabliert. In Berlin gibt es jetzt „Compania“, eine Agentur, die Frauen eine Begleiterin vermittelt. Zielgruppe sind vor allem Geschäftsfrauen, (Neu-) Berlinerinnen und Touristinnen.

Auf die Idee eines Begleitservice für Frauen kam Brigitta Schilk bei ihren eigenen Dienstreisen. „Abends habe ich mich immer relativ allein gefühlt“, erinnert sich die 33jährige Diplomtheologin, die eine Zusatzausbildung in Organisationsentwicklung absolviert hat. Zusammen mit der Betriebswirtschaftlerin Annette Pauzenberger (29) führte sie eine Marktrecherche durch.

Das Ergebnis war ermutigend: Die Hälfe der Befragten gab zwar an, sich vor allem abends mit einem männlichen Begleiter sicherer zu fühlen. Doch die andere Hälfte bevorzugte Frauen. Mit denen könnten sie sich „wie mit einer Freundin“ unterhalten, die Atmosphäre sei „lockerer“ und „unkomplizierter“.

Wer sich abends nicht an der Hotelbar langweilen will oder keine Lust hat, allein die Stadt zu erkunden, kann bei Compania Anschluß finden. Ob Streifzüge durch die Stadt, ein Theaterbesuch oder ein Einkaufsbummel, die zwölf Begleiterinnen zwischen 18 und 50 Jahren stehen auf Abruf bereit. Auch ausgefallenere Anfragen nach einer Tanzpartnerin für Standardtänze können erfüllt werden. Sex ist aber ausdrücklich ausgeschlossen, ebenso der Besuch von Pornofilmen oder Sexclubs.

Gestreßten Karrierefrauen bietet Compania aber „Entspannungsdienste“ an, wie es in der blaugelben Broschüre etwas gespreizt heißt. Masseurinnnen kommen auf Wunsch ins Hotel und bieten Shiatsu, Reflexzonenmassage oder Energiezirkulation an.

Verglichen mit herkömmlichen Hostessendiensten, die zwischen 50 und 100 Mark die Stunde verlangen, ist Compania sehr preisgünstig. 35 Mark kostet die Stunde, der Pauschaltarif für vier Stunden liegt bei 130 Mark. Doch selbst das ist vielen Frauen noch zu teuer, zumal sie auch die Theater- oder Konzertkarte für ihre Begleiterin bezahlen müssen. „Vielen Frauen fällt es schwer, sich etwas zu gönnen“, stellt Brigitta Schilk fest. Umgekehrt könnte das preisgünstige Angebot aber auf zahlungskräftige Geschäftsfrauen abschreckend wirken, weil es zuwenig Exklusivität verheißt.

Lesben, denen der Begleitservice zu teuer ist, können für zehn Mark ein Blind-date buchen. Für die Verabredung mit der Unbekannten sucht die Compania- Team Frauen aus ihrer Kartei eine Gleichgesinnte. Damit Frauen in der engverwobenen Lesbenszene nicht ausgerechnet auf ihre Ex- freundin oder ihre Erzfeindin stoßen, erhalten sie Telefonnummer und Vornamen ihres Blind-date. Was kann dann noch schiefgehen? Dorothee Winden

Compania ist von 10.00 Uhr bis 16.30 Uhr unter 611 93 81 zu erreichen.