■ Damit die böse Welt draußenbleibt: High-Tech-Security
: Sicher vor mir selbst

Die Zeiten sind unsicher – bedrohlich. Wohin die noch bis vor kurzem in der asozialen Hängematte satt und tagträumend sich wiegende Kreatur den bangen Blick auch wendet, erscheint ihr die häßliche Fratze des Untergangs. Allüberall brechen soziale Sicherungssysteme zusammen, tun sich höllengleich stinkende Haushaltslöcher auf und werden die kümmerlichen Reste schwindsüchtiger Bruttoinlandsprodukte von leistungsfeindlichen Lohnzusatzkosten paralysiert.

Das deprimierte Individuum steht mit dem Rücken zur Wand. Aber – die in den Jahrmillionen der Evolution brutal erschufteten Instinkte zucken noch – es gibt sich nicht auf. Es kämpft und wehrt sich, schottet sich ab. Errichtet hermetische Barrieren. Grenzanlagen, die das moderne Einzelwesen gegen die Gefahren der aus den Fugen geratenen, aggressiven Außenwelt immunisieren. Ich bin ich. Und wo ich bin, kommt kein anderer rein.

In mein Bankkonto zum Beispiel. Kommt kein anderer rein. Ich habe einen Bankkontonummerncode. Eine vierstellige Zahlenkombination. Die kennt keiner. Nur ich. Das heißt, meistens kenne ich sie. Es gibt Tage, an denen die Brandung der Verwirrung so gewaltig tobt, daß ich den Bankkontocode schon mal mit dem Kreditkartencode verwechsle.

Oder mit der ebenfalls vierstelligen Wegfahrsperren-Ziffernkombination meines mit allen Segnungen der Security-High-Tech ausgerüsteten Pkw. Beziehungsweise mit der Pin-Nummer des sich in ihm befindlichen Autoradio-Kassetten-CD-Kombi-Gerätes, der dem des daneben installierten Mobiltelefon-Digital-Zahlenschlosses nicht unähnlich ist und, in umgekehrter Reihenfolge gelesen, mit meinem dazuaddierten Geburtsdatum den Zahlencode für die sensorgesteuerte Ultraschall-Alarmanlage ergibt.

Das sind die Tage, an denen nicht nur kein anderer in mich und mein Leben eindringen kann, sondern ich selbst auch nicht. Dann ist definitiv der kritische Punkt erreicht, die restlose Auslöschung der abgeriegelten, versiegelten Persönlichkeit nur noch abzuwenden, wenn ich mich schnellstmöglich in meinen PC einschleusen kann, in dem intelligent verschlüsselte Dateien Auskunft über meinen individuellen Sicherheitscode-Katalog geben.

In den PC kommt keiner rein. Keiner außer mir. Nur ich kenne seinen Code. Nein – keines dieser phantasielosen Paßwörter. Vornamen der Frau oder des Haustieres oder ähnlichen Kinderkram. Neinnein. Auch keine Zahlenkombination mit den ersten vier Stellen des Geburtsdatums. Nichts von dem. Mein PC hat eine ausschließlich auf mich und von mir programmierte benutzerdefinierte Oberfläche, die sensitiver reagiert als jeder Mensch. Mein PC gibt meine persönlichen Identifikations-Codes nur heraus, wenn ich ihn vorher küsse. An einer Stelle, die nur ich kenne. Und sonst keiner. Die böse Welt muß draußen bleiben. Und ich bin sicher. In mir. Und vor mir. Fritz Eckenga