■ Nimmt Birmas Militärjunta die Opposition ernst?
: Nervöses Säbelrasseln

Das Eigentümliche an Meldungen aus Birma ist, daß vermeintlich gute Nachrichten sich kurze Zeit später als Katastrophe herausstellen und schlechte so etwas wie Hoffnung aufkommen lassen. So entpuppte sich die Freilassung der prominenten Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi aus dem Hausarrest im vergangenen Juli im nachhinein als geschickter Schachzug der Militärjunta.

Als „freie“ Oppositionelle konnte Suu Kyi unter den rigiden politischen Verhältnissen nämlich wenig ausrichten – ihr Wirkungskreis blieb, genau wie zuvor, auf ihr Wohnhaus in Rangoon beschränkt. Mit einem Unterschied: Da sie ja offiziell nicht mehr daran gehindert wurde zu gehen, konnten andere, nämlich die wartenden Investoren, endlich mit gutem Gewissen kommen. Die Bitten von Suu Kyi, mit den Investitionen im Land doch noch zu warten, bis sich wirkliche Anzeichen einer Demokratisierung beobachten ließen, blieben ungehört, und die Opposition wurde seit Suu Kyis Freilassung durch den windigen wirtschaftlichen Erfolgskurs der Junta weiter marginalisiert.

Als nun bekannt wurde, daß Suu Kyis Parteienbündnis zum sechsten Jahrestag ihres annullierten Wahlsiegs in ihrem Haus ein Treffen plante, verhafteten die Machthaber in altbekannter Manier im Vorfeld bereits fast 100 der als Gäste erwarteten Oppositionellen. So bedauerlich dieser Akt einerseits für die Betroffenen ist – die Festnahmen signalisieren zum erstenmal seit Jahren wieder, daß die Junta ihre Gegner ernst nimmt. Offenbar aus Angst vor dem Wiedererstarken der National League of Democracy rasseln die Militärs dieser Tage sehr nervös mit den Säbeln – einen größeren Gefallen können sie der Opposition nicht tun. Zum einen, weil sie all jene ausländischen Opportunisten Lügen strafen, die die Militärs gerne als lernfähige Geschäftspartner ansehen möchten. Zum anderen, weil die inzwischen ziemlich zersplitterte Opposition dringend einen Anlaß braucht, sich wieder zu sammeln. Weil die jüngsten Verhaftungen tatsächlich zu einer Wiederbelebung der landesweiten Opposition führen könnten, mischt sich in die Hoffnung aber auch die Angst vor einem neuen Massaker. 1988, beim letzten massenhaften Aufbegehren gegen die Militärs, starben in Rangoon mehr Menschen als im Folgejahr auf dem Tiananmen-Platz. Dorothee Wenner