Aktienboom läßt Börsen-AG boomen

■ Die Deutsche Börse AG erzielt Rekordgewinne und investiert fleißig in neue Wertpapierhandelssysteme

Frankfurt (taz) – Vier Millionen Menschen ohne Arbeit, zahlreiche Branchen in der Krise, leere Kassen bei der öffentlichen Hand. Standort Deutschland – ein Problemfall? Nicht für die Deutsche Börse AG. Es boomt am Wertpapiermarkt. Schon in den ersten vier Monaten des Jahres erzielte die Gruppe Deutsche Börse AG mehr an Ertrag als im abgelaufenen Geschäftsjahr 1995.

Und die Hausse soll weitergehen, wie der Vorstandsvorsitzende Werner Seifert gestern auf der Jahrespressekonferenz in Frankfurt kühn prognostizierte. Denn die Börsen-AG habe sich zu einem „schlagkräftigen Unternehmensverbund“ gemausert, dem es gelungen sei, sich von der allgemeinen Konjunkurentwicklung abzukoppeln. Das Marktpotential sei noch lange nicht ausgeschöpft und die „Aktienkultur“ in Deutschland noch immer viel zu schwach ausgeprägt. Seifert erwartet, daß in den nächsten Jahren rund 2.000 deutsche Firmen mit Aktien neu auf den Markt kommen werden.

Rund 30 Millionen Mark mehr an Ertrag als geplant wurden bis April 1996 erwirtschaftet. Und dabei sei schon 1995 ein gutes Jahr für die Gruppe Deutsche Börse gewesen. In der Tat: Die Deutsche Börse erwirtschaftete 1995 einen Konzernüberschuß von 25,3 Millionen Mark – ein Plus von neun Prozent gegenüber 1994. Die Muttergesellschaft Deutsche Börse AG wird allerdings erneut eine Dividende von nur sieben Mark pro 50-DM-Aktie ausschütten, weil umfangreiche Investitionen getätigt werden sollen in neue Produkte und in neue Technologien.

Der Börsenrat gab bereits grünes Licht für den Abschluß von Terminkontrakten im Rahmen des Anfang 1996 eingeführten MDAX-Index für kleinere und mittlere Aktienwerte. Das ganze soll sich dann „MDAX-Future“ nennen und ab 23. September insbesondere „innovativen technologie- und dienstleistungsorientierten Unternehmen“ die Möglichkeit eröffnen, sich über die Aktienausgabe bislang verschlossene Kapitalquellen zu erschließen. Auch bei dem noch zu installierenden Elektronischen Handelssystem (EHS) komme man gut voran, meinte Seifert. Nur noch 150 Millionen seien bis zur schrittweisen Einführung des Systems noch zu investieren. Klaus-Peter Klingelschmitt