Fahnenflucht und Justizmord

„Der Soldat an der Front kann sterben, der Deserteur muß sterben.“ Adolf Hitlers Worte, niedergeschrieben in Mein Kampf, waren den deutschen Militärjuristen Paragraphen genug. Die Blutrichter des Führers verurteilten zwischen 1939 und 1945 mehr als 30 000 Soldaten wegen Kriegsdienstverweigerung, Fah-nenflucht oder „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode. Mindestens 20 000 Urteile wurden vollstreckt. Zum Vergleich: Freislers berüchtigter Volksgerichtshof fällte hingegen „nur“ 5191 Todesurteile.

Seit einem halben Jahrhundert verlangen die Opfer der Wehrmachtsjustiz des „Dritten Reiches“ nach Genugtuung. Bisher vergebens. Während der Bundestag die Urteile des Volksgerichtshofs und der sogenannten Erbgesundheitsgerichte aufgehoben hat, veranstalten die Bonner Politiker bei den Kriegsgerichtsurteilen ein Trauerspiel auf Kosten der 300 heute noch lebenden Deserteure.

Der Kernpunkt des Streits: Vor allem Abgeordnete von CDU und CSU sperren sich gegen die pauschale Aufhebung der Urteile. Die Union besteht darauf, vor einer Rehabilitation oder Entschädigung zu untersuchen, ob ein Soldat etwa unter kriminellen Begleiterscheinungen desertiert sei. vs