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Sekten-Umwandler in Barmbek

■ Sozialmieter wehren sich gegen die Umwandlung ihrer Wohnungen am Augustenburger Ufer durch Mitglieder von Scientology Von Thomas Koch

63 Mietparteien am Augustenburger Ufer und in der Elsässer Straße wehren sich gegen die Umwandlung ihrer Barmbeker Sozialwohnungen in Eigentum, an der Mitglieder der US-Sekte Scientology beteiligt sind. Potentielle Käufer werden mit falschen Versprechen gelockt, MieterInnen verunsichert und vom neuen Besitzer abgemahnt. Willi Lehmpfuhl vom Mieterverein zu Hamburg: „Hier wird ein ganz übles Spiel gespielt.“

Anfang Februar erfuhren die MieterInnen der Nachkriegs–Backsteinbauten, daß ihre Wohnungen in den Besitz der Berliner Grundstücksgesellschaft „Gepriva“ übergegangen sind und in Eigentum umgewandelt werden sollen. Als Makler schaltete Gepriva-Geschäftsführer Elmar Büchele die Hamburger Firma CKS ein, die am Mittelweg 118, dem Hauptquartier des bekennenden Scientologen und Profi-Umwandlers Götz Brase beheimatet ist. Willi Lehmpfuhl: „Unterlagen beweisen eindeutig, daß die CKS die Vertriebsfirma von Brase ist.“ Gegenüber MieterInnen bekannte CKS-Mitarbeiter Bernd Henke freimütig: „Ich bin Scientologe.“ Gepriva-Chef Büchele hingegen bestreitet, mit der Psycho-“Church“ etwas am Hut zu haben.

Um die Wohnungen schnell zu verkaufen, wendet die CKS dubiose Tricks an: In Anzeigen werden gezielt „Studenteneltern“ angesprochen, die eine Bleibe für ihren Nachwuchs suchen. Doch von den 64 offerierten Wohnungen ist nur eine frei, sämtliche MieterInnen wollen bleiben und haben einen Kündigungsschutz von mindestens zehn Jahren. Hausbewohner Kurt Schäffer: „Bis die Studenten hier einziehen können, sind sie längst Professoren.“ Auch wird in den Inseraten verschwiegen, daß die angebotenen Studentenbuden zur Zeit gar nicht als Eigentumswohnungen verkauft werden können. Denn für die 64 Wohneinheiten wurden bislang keine Abgeschlossenheitserklärungen erteilt – Voraussetzung für einen Einzel-Verkauf der Wohnungen.

Die MieterInnen haben inzwischen angefangen, sich gegen den Ausverkauf zu wehren. Überall hängen Transparente von den Balkonen mit Aufschriften wie „Kein Verkauf – wir bleiben alle. Scientology nein danke“. Bei Wohnungsbesichtigungen klärten MieterInnen potentielle KäuferInnen über die Hintergründe des Wohnungsdeals auf. Kurt Schäffer: „Viele Interessenten sind abgesprungen, als sie gehört haben, daß hier Scientologen am Werk sind.“

Weil die MieterInnen sich wehren, werden sie inzwischen von Gepriva-Chef Büchele unter Druck gesetzt. Den Mietern Kurt und Petra Schäffer drohte der Immobilien-Höker am Mittwoch mit einer Klage, wenn sie ihr Transparent nicht binnen weniger Stunden einrollen würden. Darüber hinaus drohte er in einer „sehr ernsten Abmahnung“ mit Kündigung: Das Outen der Scientology-Makler, befand der Gepriva-Chef, stelle eine „grobe mietvertragliche Verletzung“ dar, mit der die BewohnerInnen ihren „Mietvertrag gefährden“ würden.

Lehmpfuhl hat die Gepriva-Forderungen gestern bereits zurückgewiesen: „Nach unseren Recherchen ist die Gepriva noch nicht einmal ins Grundbuch eingetragen und hat bislang keine Vollmachten des bisherigen Eigentümers vorgelegt.“ Die MieterInnen jedenfalls wollen weiter Widerstand gegen die Sekten-Umwandler leisten. Petra Schäffer: „Wir lassen uns nicht vertreiben.“

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