piwik no script img

Patriot, Falke und „Friedensengel“

■ Schimon Peres (73) wechselt sein Image mit den Erfordernissen

Schimon Peres' ungewöhnlich reiches politisches Leben begann bereits kurz nach der Einwanderung des damals elfjährigen, aus Polen stammenden Perski nach Palästina. Nach Beendigung der Schule in Tel Aviv und einem Aufenthalt im Jugenddorf Ben-Schemen schloß er sich einer Siedlergruppe an, die den Kibbuz Alumot gründete. Der politisch ambitionierte Peres (73) wurde schon mit 20 Jahren zum Sekretär des Jugendverbandes der Arbeiterpartei gewählt.

1947 holte ihn David Ben-Gurion ins Hauptquartier der Hagana, dem zionistischen „Sicherheitsministerium“ in der Zeit vor der Staatsgründung. Peres wurde mitverantwortlich für Kaderpolitik und Waffenbeschaffung. Während des israelischen Unabhängigkeitskriegs (1948) diente Peres als Chef einer Einheit der Kriegsmarine. Bald danach ernannte ihn sein Mentor Ben-Gurion zum Leiter der israelischen Militärmission in Washington. Bei seiner Rückkehr avancierte der erst 29jährige zum Direktor im Verteidigungsministerium. Seine Aufgabe bestand vor allem im Aufbau einer eigenen Militärindustrie.

Peres war der erste israelische Politiker, der militärische Kontakte mit der BRD befürwortete und bereits im Jahre 1957 mit Franz Josef Strauß über deutsche Waffenlieferungen an Israel verhandelte. Ungefähr zur gleichen Zeit war er unter den Hauptinitiatoren einer sicherheitsorientierten „Nuklearisierung“ Israels und ließ mit französischer Hilfe die als Textilfabrik getarnte Atomanlage in Dimona errichten.

Der inzwischen bei Ben-Gurion zum stellvertretenden Verteidigungsminister avancierte Peres wurde als Kandidat der Arbeiterpartei 1959 erstmalig in die Knesset gewählt. Nach dem Sechs-Tage-Krieg (1967) wurde Peres in Golda Meirs „Regierung der nationalen Einheit“ Entwicklungsminister für die besetzten Gebiete.

Zusammen mit seinem ständigen Rivalen Jitzhak Rabin, dem es in der Arbeiterpartei und Regierungsführung immer wieder gelang, Peres den Rang abzulaufen, war der Nachfolger des im November 95 ermordeten Politikers verantwortlich für den Beginn einer massiven jüdischen Besiedlung der besetzten Gebiete.

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR und der Umstruktierung der US-Nahostpolitik schoß sich die Arbeiterpartei sehr rasch auf einen Prozeß der schrittweisen Beilegung des langen Konflikts mit den arabischen Nachbarn ein. Die letzten Wahlen (1992) gewann die von den USA geförderte Arbeiterpartei nur knapp.

Der neue Außenminister Peres strebte alsbald einen raschen Durchbruch in den Geheimverhandlungen mit der PLO-Führung an und konnte seinen Regierungschef Rabin überreden, dem Osloer Grundsatzabkommen mit Arafat zuzustimmen. Sie öffneten sogleich den Weg für einen Friedenspakt mit dem jordanischen König und verschafften Washington eine bessere Ausgangsposition als Vermittler bei den Friedensverhandlungen mit Syrien.

Der Mord an Rabin sowie die Vorverlegung der Wahlen hat den Friedensprozeß einstweilen zum Stillstand gebracht – wahrscheinlich aber nur vorübergehend; Peres wollte für die Dauer des Wahlkampfs sein früheres Image als patriotischer Kämpfer für Sicherheit aufpolieren. Amos Wollin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen