■ Soundcheck
: Gehört: Tears for Fears, Wolfsheim und Lassie Singers

Gehört: Tears for fears. Roland Orzabal hat sich seit Anfang der 80er Jahre in den Kopf gesetzt, immer größere Packen von Entwürfen in Songs unterzubringen, die das Leben umspannen. Oder Größeres als das Leben. Da bleibt es nicht aus – wenn einer nicht esoterisch wird, sich dogmatisch aufführt oder als Halb-Bildungsbürger (wie Sting) engagiert –, daß er besser wird. Das heißt, wenn er es schafft, das schöne Schwanensiechen des vom eigenen Lied gebeutelten Singers/Songwriters zu erreichen. Orzabal beutelt sich auch anderthalb Dekaden nach der Entdeckung der „Mad World“. Tears for fears war auch zu Pfingsten ein passender Name für die Band, die lieber Ratlosigkeit aushält, als in Schönheit einen billigen Tod zu sterben. Schön deutlich stellten sie die Frage, was das beharrliche Hervorbringen von Pop-Monumenten, wie Orzabal sie schreibt, wert ist. Als Frage formuliert: Stieg nach dem Gig von Tears for fears mehr als das feuilletonistische Gegenstück zu „Trauer und Wut“ in den Konzertbesuchern auf? K. Schreuf

Gehört: Wolfsheim. Laut Peter Heppner, Texter des schmocken Duos Wolfsheim, ist der Mensch bestenfalls auf dem Weg zur Menschwerdung. Eine schwer esoterische Grundhaltung, könnte man meinen. Wenn Esoterik aber ein von innen erfahrenes Wissen meint, dann hat zumindest diese Art Introspektion dem Konzert am Sonntag in der Markthalle einen guten Rahmen verpaßt. So stand Heppner, gleichsam Frontmann, erst gar nicht unter dem Druck, diesen geben zu müssen. Eher spärliche Gesten bestimmten das menschliche Geschehen on stage. Zum Ausgleich gab's Dias und Licht- show satt. Dem Fan, der selber nur für Zugaben aus dem Häuschen zu locken war, gefiel's. Stört ja auch nicht weiter beim Schwelgen. Kristina Bischoff

Gehört: Lassie Singers Die Lassie Singers sind eine Projektionsfläche für eigentlich disparate Bilder von Weiblichkeit. Manchen Frauen gibt das Quintett aus Berlin die Sicherheit, ohne BH auszugehen, viele sehen in dem Front-Duo eine feine Frauenfreundschaft, andere hängen an manchen Liedzeilen, die Jungs verhohnepipeln ihr Lesbentum auf, und die Mehrheit sieht in der erfolgreichen Girl-Band, die männliche Gitarristen von der Stange aussucht, ein starkes Karrieremodell. In der ersten Reihe der am Samstag gut gefüllten und prächtig gelaunten Fabrik postierte sich je eine Vertreterin dieser Positionen, um wechselweise die lakonische Frau Schummel oder die charmante Frau Hügelsheim anzuhimmeln oder nur mitzusingen. Die Lassie Singers wissen um ihre Integrationsfunktion, die sich aus ihrer Entwicklung herleitet und gaben ein – manche meinten unsicheres, andere professionelles – Best-of-Programm. Am Ende hatte man den Depressionen-Parasit kennengelernt, unzählige catchy Textzeilen („Pärchen stinken, Pärchen lügen. Pärchen, die fahren nach Rügen“) im Kopf, brauchbar für manche Lebenslage. Mehr kann man von einer Pop-Band kaum erwarten. vom