: Justiz contra Asyl
■ Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Pfarrer, die Kirchenasyl gewähren
Die Justiz verstärkt den Druck auf Pfarrer und Gemeinden, die Kirchenasyl gewähren. Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Treptower evangelische Pastoren eingeleitet. Sie wirft den beiden vor, „Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz“ zu leisten. Die Kirchengemeinde von Rainhard Kees bietet einer vietnamesischen Familie seit Oktober vergangenen Jahres Asyl. Pastor Dieter Ziebarth betreut als Zuständiger für soziale Angelegenheiten die Familie.
Ziebarth erlärte, die Pastoren hätten sich mit Rückhalt der Kirchengemeinde zu dem Kirchenasyl entschieden, nachdem sie den Fall gründlich geprüft hatten. Als die drei Vietnamesen in der Kirche aufgenommen wurden, lag bereits schon eine Anzeige wegen Nichtbefolgung einer Ausweisungsverfügung vor. Nach Angabe der Justizverwaltung wurde diese Anzeige von der Staatsanwaltschaft erstattet. „Das Gesetz verpflichtet die Behörde, in einem solchen Fall, die Ermittlung einzuleiten“, sagte Justizsprecher Rüdiger Reiff. Im Moment ist es allerdings noch ungewiß, ob tatsächlich eine Anklage erhoben wird. Zierbarth betonte, daß er zu dem Fall vorerst noch keine Aussagen machen wolle, da er befürchtet, den Vietnamesen zu schaden. Die Innenverwaltung habe zugesagt, daß es in den nächsten zehn Tagen ein Gespräch über den Fall geben werde.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Pfarrer ist das zweite seit 1995 in Berlin. Das erste Verfahren gegen den Steglitzer Pfarrer Erko Sturm wurde eingestellt, ohne daß es zu einer Anklage kam. Darauf werde das Verfahren wahrscheinlich auch diesmal hinauslaufen, meinte Jürgen Quandt, Pfarrer und Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Asyl in der Kirche“. Bisher sei es in Deutschland noch nie zu einer Anklage gegen Pfarrer gekommen, die Kirchenasyl gewährt hätten. Viel eher ziele die Verwaltung auch darauf, nicht nur den Pfarrer, sondern auch den Asylsuchenden zu kriminalisieren. In den etwa 50 Kirchengemeinden in Berlin und Brandenburg, die sich zum Kirchenasyl bereit erklärt hätten, gebe es derzeit etwa fünf Fälle von Kirchenasyl. „Den Behörden sind alle diese Fälle bekannt“, so Quandt. Stephanie v. Oppen
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