■ Schönefeld wird Berlins künftiger Flughafen
: Das Ende des Größenwahns

In der Hauptstadt tobt seit Tagen der Schrippenkrieg. Obwohl der Mehlpreis um ein Fünftel gestiegen ist, trauen sich die Rundstückproduzenten nicht, ihre Semmelpreise zu erhöhen, könnten ihnen doch die Kunden weglaufen. Aber nicht nur die Mehlhandwerker der Regierungsmetropole gewöhnen sich daran, kleinere Brötchen zu backen. Berlins Regierender Bürgermeister Diepgen und Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe sind auch nicht mehr die Konditoren der Politik, die sie einst sein wollten.

Mit ihrer Entscheidung, Schönefeld zum Großflughafen auszubauen und nicht das ferne Sperenberg, signalisieren sie einen neuen Pragmatismus, der ihnen in den letzten Jahren abhanden gekommen war. Was wollten sie ihren Bürgern nicht alles Feines backen! Mit Olympia sollten in der Ostprovinz riesige Sportarenen und neue S-Bahn-Verbindungen entstehen, private Investoren sollten mit Milliardenaufwand eine Dienstleistungsmetropole in den Himmel schießen lassen, für 60 Millionen Passagiere im Jahr sollte bei Sperenberg ein Großflughafen in einen Wald gepflanzt werden, in dem die Rote Armee den Angriff auf den Kapitalismus übte.

Doch was ist geblieben von der gigantischen Torte? Vielleicht saust irgendwann einmal der Transrapid vom Meer in die Mark, auch werden gerade Tunnel unter dem Tiergarten gebuddelt. Doch die Dienstleister lassen sich bis heute nicht blicken, Bürotürme und Konsumtempel demonstrieren täglich einen Reichtum an unvorstellbarer Leere.

Und aus dem Großflughafen wird, was Umweltpolitiker von CDU und SPD vor langer, langer Zeit einmal versprachen – nämlich ein Kompaktflughafen, dessen Fluggäste wahrscheinlich auch noch in zwanzig Jahren auf den bereits vorhandenen Startbahnen abgewickelt werden können. Zu allem Überfluß an Verdruß wies das Volk auch noch das Angebot des einzig gelungenen Tortenstücks ab: die Fusion beider Bettelländer.

Diepgens Rotes Rathaus am Alexanderplatz und Stolpes Ministerium in Potsdam sind eben doch kein Café Kranzler der Macht, sondern nur x-beliebige Backstuben an der Straßenecke. So haben Diepgen und Stolpe in dem gerade tobenden Schrippenkrieg ein wichtiges, sicher auch bundesweit bedeutsames Signal gegeben: Berlin und Brandenburg backen nur noch kleine Brötchen. Dirk Wildt