Zweiter Tatverdächtiger im Fall Reemtsma gefaßt

■ Verhaftung von Richter in Malaga. Nach einem dritten Mann wird noch gesucht

Madrid (taz) – Der Traum von den Millionen ist auch für den zweiten Reemtsma-Entführer vorüber. Der seit Tagen steckbrieflich gesuchte Peter Ernst Adolf Richter ging in der Nacht zum Mittwoch der spanischen Polizei im andalusischen Malaga ins Netz. Seine Reise endete nur wenig weiter südlich als die seines Komplizen Wolfgang Konstantin Koszics, der bereits am Sonntag abend in Murcia festgenommen wurde.

Die Beamten der Hamburger Sonderkommission vermuteten den zur internationalen Fahndung ausgeschriebenen Richter bereits seit Sonntag in Malaga. Erstes Fahndungsobjekt: die Hotels und Pensionen der Mittelmeerstadt. Die Beamten überprüften sämtliche Meldelisten und hinterließen Fotos an den Rezeptionen. Obwohl Richter mehrmals die Unterkunft wechselte, wurden die Beamten schließlich fündig. Als der 58jährige um 0.30 Uhr in eine kleine Pension in der Innenstadt von Malaga zurückkehrte, wartete die Nationalpolizei bereits auf ihn. Das von ihm benutzte Fahrzeug, ein Mazda, wurde beschlagnahmt.

Wenige Stunden später trafen bereits die ersten Hamburger Ermittler vor Ort ein, um der spanischen Polizei bei den Verhören zur Seite zu stehen. Richter wird danach dem örtlichen Richter vorgeführt. Von dort aus wird er dann nach Madrid dem Nationalen Gerichtshof überstellt, der die Auslieferung in die Wege leiten wird. Der am Sonntag verhaftete 54jährige Koszics hat den ersten Schritt dieser Prozedur bereits hinter sich. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, wo er nach einem gescheiterten Selbstmordversuch behandelt wurde, überführte ihn der Richter in Murcia ins örtliche Gefängnis. Dabei entdeckten die Beamten 9.000 Dollar, die Koszics in das Futter seiner Jacke eingenäht hatte. Die Justiz machte bisher keinerlei Angaben darüber, ob und was Koszics bei seinem Verhör durch die spanische Guardia Civil ausgesagt hat.

Koszics und Richter sollen, so die Ermittlungen der Hamburger SoKo, den Millionenerbe Jan Philipp Reemtsma am 25. März auf dessen Grundstück im Hamburger Villenvorort Blankenese entführt haben. 33 Tage später wurde Reemtsma gegen 30 Millionen Mark Lösegeld wieder freigelassen. Während der gesamten Zeit befand sich das Opfer angekettet im Keller eines Ferienhauses im niedersächsischen Garlstedt. Mit dem Reemtsma-Coup wollten sich die beiden Entführer vermutlich zur Ruhe setzen. Richter nach einem Leben als reisender Handelsvertreter und Koszics nach einer langen kriminellen Laufbahn.

Die Hamburger Ermittler vermuten, daß es neben Richter und Koszic noch einen dritten Mann – und zwar den Kopf der Bande – geben muß. Die Tatsache, daß bisher den Ermittlern außer den 166.000 Dollar und 52.000 Peseten, die Koszics bei seiner Verhaftung besaß, kein Geld in die Finger fiel, ist dafür ein Indiz. Nachbarn des Garlstedter Ferienhaus wollen einen etwa 1,80 großen, 40 Jahre alten, dunkelhaarigen Mann beobachtet haben. Die Ermittlungen gehen weiter. Reiner Wandler