Nicht mit den „Kleinchen“

■ 10.000 SchülerInnen demonstrierten / Kahrs ganz Pädagogin

„Wollt Ihr den Widerstand aufrecht erhalten“, schallte es in bester Agitations-Manier über die 7000 Schüler-Köpfe auf dem Rembertiring, „wollt Ihr es?“ „Ja, ja“, antworteten die jungen Demonstranten. Aus allen Schultypen und Stadtteilen sind Schüler, Lehrerinnen und Eltern nach einem Aufruf der Gesamtschülervertretung, des Zentralelternbeirates und der Lehrergewerkschaft GEW zum bisherigen Höhepunkt des Schulstreits um die Neueinstellung von neuen Lehrern zum Amtssitz von Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) gezogen. In Bremen-Nord protestierten 2.000 Schülerinnen. An vielen weiteren Orten gingen Grundschüler auf die Straße, denen der Marsch in die Innenstadt nicht zugemutet werden sollte.

Die Transparente zeigten Ironisches, Resigniertes und Staatstragendes: „Wozu Schule, es gibt doch Sozialhilfe“, hieß es da, oder einfach „Kacke“, oder „Bildung ist Voraussetzung für Demokratie“. Auf der Straße gaben sich die Schüler mit Trillerpfeifen, Klatschen und Sprechchören kämpferisch. Ein wenig verließ sie jedoch der Mut, als sie der lautstark geforderten Senatorin Kahrs dann gegenübersaßen.

Der Polizeiriegel vor Kahrs' Amtssitz hatte sich nach kurzen Verhandlungen für eine Delegation von einem Dutzend Schülern und zwei Elternvertretern geöffnet, die der Senatorin 5.000 Unterschriften gegen Sparen im Bildungssektor überreichten.

Im Sitzungssaal übernahm Kahrs - ganz Lehrerin - unter der Ahnengalerie ihrer Amtsvorgänger die Führung. „Zuerst sagt Ihr mir mal, was Ihr meint, dann kommen die Eltern, und dann sage ich was dazu. Wollen wir das so machen?“. Kein Widerspruch. „Dann seid Ihr jetzt dran“. Pause. Schließlich traute sich der 17jährige Jens Wittger. Er klagte über kalte Kunsträume im Schulzentrum Lange Reihe, kaputte Fenster, katastrophale Stundenpläne mit Mathe-Unterricht um 17 Uhr. Und die Lehrer seine viel zu alt. Wie könnten sich 55jährige in 17jährige hineinversetzen?

„Andere Jugendliche in Eurem Alter arbeiten am Nachmittag auch noch“, belehrte Kahrs. Die Situation an den Schulen habe sich in Bremen nicht verschlechtert, die Schüler litten unter „Wahrnehmungsproblemen“. Außerdem mache Bremen eine harte Zeit durch. Da müsse man andere Prioritäten setzen und Arbeitsplätze schaffen. „Das ist ja auch für Euch“, sagte Kahrs. Aber diese Fragen wolle sie mit den „Kleinchen“ aus der Grundschule nicht behandeln, „das wäre unpädagogisch“.

„Sie nehmen uns halt nicht ernst“, so das resignierte Fazit der Schülerinnen. Und auch Elternvertreterin Heidrun Huthoff platzte am Ende der Kragen. „Sie sind nicht Bürgermeisterin. Wir erwarten, daß Sie sich für die Interessen der Bildung einsetzen. Wenn Sie nicht mehr Geld bekommen, dann machen Sie doch die Schulen dicht. Wir würden hinter Ihnen stehen.“

jof