Rentner protestieren

■ In Frankreich wehren sich Alte und Polizisten gegen drastische Kürzungen

Paris (taz) – Mai ist's, und auf Frankreichs Straßen protestiert es. Nach den Lehrern und Polizisten waren gestern die Rentner dran. Zu Tausenden demonstrierten sie unter den Fahnen zahlreicher Gewerkschaften in Provinzstädten und in Paris gegen Einkommens- und Kaufkraftverschlechterungen und für eine Aufstockung der Rentenkassen. Zusätzlich zu der sozialen Lage hatte wieder einmal ein Spruch von Premierminister Alain Juppé für Beteiligung an den Protesten gesorgt: Juppé hatte seine Sparmaßnahmen jüngst als das richtige Rezept gegen die mauvaise graisse – das schlechte Fett – empfohlen.

Von neun auf vierzehn Jahre ist das durchschnittliche Rentnerdasein in Frankreich während der vergangenen fünfzehn Jahre gestiegen. Gleichzeitig ist die Zahl der Beitragszahler gesunken. Ergebnis sind gestiegene Anforderungen an die Rentenkassen. Nach den gegenwärtigen Projektionen wären die im Jahr 2005 nicht mehr in der Lage, die heutigen Renten zu zahlen: Statt 66 Prozent ihres letzten Bruttolohnes würden die Rentner des nächsten Jahrtausends nur noch 62 Prozent bekommen.

Doch schon die heutigen Alten in Frankreich stehen schlechter da als ihre Vorgänger. Immer mehr von ihnen sind auf die – ebenfalls von Sparmaßnahmen bedrohten – Sozialdienste angewiesen.

Am Tag vor den Rentnern waren die Polizisten unterwegs. Zwischen 10.000 und 30.000 defilierten am Mittwoch nachmittag durch Paris und verlangten aufgebracht den Rücktritt von Innenminister Jean-Louis Debré, den sie für ihre Arbeitsbedingungen verantwortlich machen. Polizeiwachen in sogenannten „heißen Stadtteilen“ seien oft nur mit Auszubildenden besetzt, es fehlten kugelsichere Westen für Beamte im nächtlichen Einsatz und allerorten mangele es an Personal. Nach dem Vorbild der Polizisten wollen demnächst auch die Lehrer auf die Straße gehen. Für die kommende Woche planen sie einen Aktionstag zur Verteidigung des öffentlichen Dienstes. dora