Wo die Singer sind

■ Zwanzig Jahre Musikerheim in Hamburg: das Knust

Anfang Juni feiert das Knust seinen 20. Geburtstag. Gegründet 1976, gelang es dem kaum 200 Quadratmeter großen Live-Club in der Brandstwiete neben der Zwiebel als einzigem Club aus der – je nach musikalischer Anschauung, verehrten oder verspotteten – 70er-Jahre-Clubszene zu überleben. Anders als das Onkel Pö, das Remter, der Kanister und wie die Clubs damals noch hießen, mußte das Knust niemals seine Pforten schließen. Das lag vor allem an der nunmehr über 1000 Mal anberaumten Engtanzfete. Die taz hamburg sprach mit Karsten Schölermann, dem Erfinder dieses Prototyps aller Single-Treffpunkte, ab 1983 Booker und seit 1988 alleiniger Besitzer des Knusts.

Wird es zum Geburtstag wieder jene mit Mettwurst bestrichenen Brotkanten geben, die dem Knust seinen Namen gaben?

Warum eigentlich nicht? Aber sie werden eher mit Knoblauch bestrichen, den es nur zu besonderen Festtagen gab.

Wer wird mitfeiern?

Angefragt wurden die Rainbirds und natürlich diverse Songwriter, für die das Knust in den letzten Jahren zur Anlaufstelle wurde. Aber auch Musiker wie Abbi Wallenstein, die City Preachers und das Orchester Gnadenlos. Mit Glück werden auch noch Inga Rumpf und Udo Lindenberg kommen. Alljene und insbesondere der Akustik-Folker Neil Landon, der erste Musiker, der je im Knust auftrat, werden so einen Bogen zu den Anfängen schlagen.

Wie sahen diese Anfänge aus?

In den 70er Jahren kostete der Eintritt im Knust auch für Leute wie Herbie Hancock oder Udo Lindenberg nur 99 Pfennig, weil ab eine Mark Vergnügungssteuer gezahlt werden mußte. Das Geld wurde nicht mit dem Eintritt für die täglichen Konzerte verdient, sondern mit Croques und Bier. Am ehesten läßt sich diese Szene als Unterhaltungsgastronomie bezeichnen – in etwa wie heute das Pupasch. Als ich dann 1983 als Booker und Betreiber der Engtanzfete ins Knust kam, deutete sich schon ein dramatischer Strukturwandel an. Mit dem Aufkommen von Rock-Bands, die – anders als die akustisch auftretenden Jazzer und Folker – eine große P.A. samt Gesangsanlage brauchten, brach die Szene um das Onkel Pö zusammen. Da wir alle diesen Wandel verschlafen hatten, bei dem der Name der Band immer mehr die Zahl der Gäste bestimmte, brach die Live-Szene um 1985 zusammen. Das fing beim Onkel Pö an und rutschte dann zu den anderen herunter.

Warum hielt sich das Knust über Wasser?

Wir hatten ja die Engtanzfete, die gerade zu der Zeit ihren Höhepunkt erreichte und gut 800 Leute am Wochenende anzog. Außerdem erschlossen wir uns ab 1987 den Kreis der Hamburger Amateur-Musiker als Mieter, denen wir lediglich einen gut gefüllten Kühlschrank und unsere neue Martin P.A. aus England zur Verfügung stellten. Es waren eben diese Musiker, die mit ihren teuren Gitarren ihre Freizeit in einem Club verbringen wollten, die den Hamburger Musik-Markt erst wieder aufbauten.

Wann kamen die Singer/Songwriter aus San Francisco, für die das Knust heute steht?

Dieser bodenständige Dienstleistungsbetrieb, der nicht weniger erfolgreich, aber weniger ambitioniert war als das Programm heute, bekam mit unserem Booker Dirk Matzke wieder etwas Visionäres. Zeitweise war das Knust wohl einer der besten europäischen Clubs, in dem sich die Songwriter aus San Francisco gern die Klinke in die Hand gaben. Die Tatsache aber, daß die Konzerte heute nurmehr in kleinere Clubs herunterrutschen, ist ein Zeichen für einen erneuten Marktwechsel. Es passiert das Gleiche wie vor zehn Jahren: Der Markt ist gesättigt und droht zusammenzubrechen. Unsere Vision wurde überholt. Bei einem Wochenumsatz von knapp 7500 Mark werden wir nun etwas umdenken müssen. Da kommt aber der 20. Geburtstag als Gelegenheit gerade recht, sich auf seine Wurzeln zu besinnen.

Fragen: Volker Marquardt