HSV in Führung

■ HSV-Vize-Präsident und Ex-Multi-Senator Volker Lange über den Stadionausbau, die Haushaltslage beim UEFA-Cup-Teilnehmer und die lokale Kicker-Konkurrenz vom Millerntor

Das Ziel wurde drei Jahre früher als geplant erreicht. Der HSV hat sich mit einem fünften Tabellenplatz für den UEFA-Cup qualifiziert. Für Vize-Präsident Volker Lange kein Glück, sondern das Ergebnis „harter Arbeit“. Vor der außerordentlichen Mitgliederversammlung am kommenden Montag erklärte der ehemalige Hamburger Bau-, Wirtschafts- und Innensenator der taz, warum der HSV eine neue Satzung und ein modernes Stadion zum wirtschaftlichen Gedeihen benötigt.

taz: Für die Satzungsänderung benötigen Sie die Stimmen von 75 Prozent der anwesenden Mitglieder. Der erste Entwurf war als „undemokratisch“ bezeichnet worden. Erhalten Sie nun die Mehrheit?

Volker Lange: Ich sehe aufgrund der ausführlichen Vorberatungen mit allen Gremien des Vereins die gute Basis, entsprechende Mehrheiten zu erreichen.

Wozu ist der neugeschaffene zwölfköpfige Aufsichtsrat, der anstelle der Mitglieder zukünftig den Vorstand wählen wird, da?

Unter anderem als Kontrollorgan für die Finanzen. Nur mit modernen Strukturen kann man ein Wirtschaftsunternehmen, wie es ein Fußball-Bundesligist ist, führen. Unabhängig von den Vorgaben des DFB halte ich eine Umstrukturierung und Modernisierung für zwingend notwendig.

Was sind die größten Defizite beim HSV?

Das Merchandising lag lange brach. Wir wollen diesen Bereich ausbauen mit Versandhandel, Teleshop und eigener TV-Sendung bei Hamburg 1. Ein Drittel der Einnahmen wird in diesem Bereich und mit Fernsehgeldern erwirtschaftet, da müssen wir besser werden. Nur so können wir, wie angestrebt, unseren Umsatz jährlich um 15 bis 20 Prozent steigern. Von den Einnahmen her liegen wir nur im Mittelfeld. (Umsatz 1994/95 circa 31 Millionen Mark, die vergangene Serie vermutlich fast 38 Millionen, Dortmund und Bayern haben mehr als doppelt so viel; die Red.)

Wieviel wäre mit einem modernen Stadion möglich?

Das läßt sich nicht genau beziffern, wir werden die erhofften Steigerungsraten aber sicher erreichen. Wir brauchen so schnell wie möglich ein modernes und fußballgerechtes Stadion. Das jetzige Volksparkstadion wird in naher Zukunft nicht mehr den UEFA- und FIFA-Bestimmungen entsprechen. Ohne tiefgreifende Veränderungen dürfen wir in ein paar Jahren bei internationalen Spielen nur noch unsere 28.500 Sitzplätze verkaufen. Das ist keine wirtschaftliche Basis für einen Spitzenverein.

Was müßte passieren?

Wir hoffen, daß sich der Senat baldmöglichst mit einer der fünf Investorengruppen, die bis zum 15. Juli ihr Angebot abgeben werden, auf ein Konzept einigt.

Wann rechnen Sie damit?

Vielleicht im nächsten Frühjahr. Wenn sich der Senat auf einen Entwurf festlegt, ist anschließend noch eine sechsmonatige Vorbereitungszeit notwendig. Dann könnte gebaut werden, was je nach Ausführung zwischen 20 und 30 Monaten dauern wird. Frühestens zur Bundesliga-Serie 1999/2000 wäre das neue Stadion fertig.

Was für ein Stadion wünscht sich der HSV?

Ideal wäre ein reines Fußballstadion für 45.000 Zuschauer mit überwiegend Sitzplätzen. Die Werbemöglichkeiten müßten optimal sein: Namens-Lounges und Business-Seats, die gut vermarktbar sind. Eine Mehrfach-Nutzung wäre natürlich begrenzt, eventuell könnten außer Fußball nur noch Großkonzerte stattfinden.

Warum sollte die Stadt so eine eingeschränkt nutzbare Arena, die zwischen 150 und 200 Millionen Mark kostet, haben wollen?

Die Stadt sollte bedenken, daß, solange es in Hamburg zwei Bundesliga-Clubs gibt, auch der zweite Verein ein Interesse hat, zumindest einige Spiele in solch einem Stadion zu bestreiten. Es gibt ja Signale vom FC St. Pauli, schon in der kommenden Saison die lukrativsten Spiele im Volksparkstadion stattfinden zu lassen. Der Verein kann es sich finanziell nicht erlauben, gegen Bayern oder Dortmund am Millerntor zu bleiben.

Wie sehen Sie die Ausbaupläne des Lokalrivalen?

St. Pauli wird das Heiligengeistfeld als mögliche Erweiterungsfläche nicht weiter in Anspruch nehmen können, da ist der Dom vor.

Was bedeutet das für den HSV?

Wir sind in der Vorhand, der HSV gehört schließlich seit 1963 der Bundesliga an. Möglicherweise haben wir auch deshalb eine Führungsrolle übernommen. Wenn man die Möglichkeiten beim Stadionausbau sieht, sind der HSV und St. Pauli keine gleichberechtigten Partner.

Wie hilfreich sind Ihre Beziehungen zur Politik?

Durch meine politische Tätigkeit bis 1991 sind viele Kontakte entstanden, die schnell wieder geknüpft werden können. Es sind leichter Termine zu bekommen, wenn ich mich mit den entscheidenden Leuten direkt in Verbindung setze, als es anderen möglich wäre. Wenn man sich persönlich kennt, ist es einfacher, Probleme zu lösen. Es gibt kurze Wege, die aber nichts mit einzelnen Personen oder der Partei zu tun haben.

Der ehemalige STATT-Partei-Chef Markus Wegner behauptet, Sie würden als Unternehmensberater bei einem Stadionneubau finanziell profitieren. Wieviel verdienen Sie denn?

Das ist lächerlich und eine reine Wegner-Polemik. Ich bin wirtschaftlich unabhängig. Ich hänge an keinem der jeweiligen Investoren oder Betreiber und bin weder vertraglich noch anderweitig gebunden.

Fragen: Rainer Schäfer und Clemens Gerlach