Alle wohlauf: Altonaer Zangengeburt

■ Bezirk hat doch noch gewählt: Uwe Hornauer ist Amtsleiter

Der Mann hat alles stillschweigend mitangesehen. Von der Empore im Sitzungssaal des Altonaer Rathauses hat er am Donnerstag abend stundenlang seiner Wahl geharrt und das Panorama von 39 aufgescheuchten, wild-gestikulierenden bis konspirativ-flüsternden Bezirkspolitikern betrachtet. Er hat die Worte derer gehört, mit denen er in den kommenden sechs Jahren arbeiten, mit ein bißchen Glück zusammenarbeiten wird. Zwischen den Fraktionen unten im Saal wurden uralte Machtkämpfe ausgetragen, die man platt auf einen Streit um seine Person reduzierte: Der Mann ist Uwe Hornauer, 42, und seit Donnerstag Bezirksamtsleiter in Altona.

Er wisse nicht recht, ob er sich freuen solle, sagte der promovierte Sozialwissenschaftler und SPD-Wunschkandidat nach der Beglückwünschung. Zu knapp war sein Wahlsieg: Mit 21 von 39 Stimmen – das entspricht der kleinsten möglichen Mehrheit – wird der Nürnberger Verwaltungsexperte die Nachfolge Hans-Peter Strenges am 1. August antreten.

Einen ersten Vorgeschmack auf die integrative Arbeit, die ihn erwartet, lieferte die zerrüttete rot-grüne Koalition: Zwar stimmten 15 SPDler und sechs zähneknirschende GALier für Hornauer und damit gegen den Interims-Amtsleiter Klaus Leven (18 Stimmen). Doch GAL-Fraktionschef Olaf Wuttke hat bereits seinen Rücktritt angeboten. Der „rot-grüne Reformaufbruch“ sei dahin. Kommenden Donnerstag entscheidet die Fraktion.

Wochenlange Sondierungsge-spräche über einen gemeinsamen Kandidaten blieben ergebnislos. Stur hielten GAL und SPD an ihren Spitzenkandidaten, Erika Romberg aus Berlin bzw. Uwe Hornauer aus Nürnberg, fest. Schließlich stellten die entnervten Sozis Hornauer gegen den Willen der GAL zur Wahl. Das bundesweite Wahl-Ausschreibungsverfahren müsse, wenn schon nicht in Eimsbüttel und Nord, dann wenigstens in Altona und vor der Sommerpause klappen. Notfalls, so die Drohung, werde man Hornauer über andere Mehrheitsbeschaffer durchsetzen. Die CDU signalisierte „Kooperationsbereitschaft“. „Erpressung“, „Unterdrückung“, „Koalitionsbruch“ wütete die unterlegene GAL. GAL-Mitgliederversammlungen, SPD-Gipfeltreffen folgten.

Um 18 Uhr war der Tagesordnungspunkt „Wahl eines Bezirksamtsleiters“ genauso unklar wie zuvor. Die Fraktionen erbaten sich geschlagene drei Stunden „Beratungszeit“ – in verschiedenen Räumen, unterbrochen von Imbiß- und Zigarettenpausen und wildesten Spekulationen seitens der Journaille.

Schließlich lenkte die GAL ein: Sie werde Hornauer zum Sieg verhelfen, wenn im Gegenzug der Koalitionsvertrag um drei Punkte ihrer Wahl ergänzt würde. Die SPD nickte. Von einem Blanco-Scheck, so der Kreisvorsitzende Olaf Scholz, könne aber keine Rede sein.

Heike Haarhoff