Und dann noch strampeln nach der Disco

■ Geben Bremer Jugendliche lieber bequem Gas? Eine kleine Umfrage am Tag des Fahrrads zur Gretchenfrage Führerschein

Mit spätestens fünf Jahren muß man schon Rad fahren können. Mit 18 ist es mit dem Führerschein fast genauso: Wer ihn dann noch nicht hat und auch noch nicht fleißig seine Theorie- und Praxisstunden bei der Fahrschule absitzt, ist – trotz des Ozonlochs – hoffnungslos out. Aber ist es wirklich so, daß die Lizenz zum Fahren das Thema Nummer eins bei allen Jugendlichen um die 18 ist? Eine nicht repräsentative Umfrage zum heutigen „Europäischen Tag des Fahrrads“.

Christian von Kuyck (18): „Es ist schon ein tolles Gefühl, gleich am 18. Geburtstag selber fahren zu dürfen – ein Stück Unabhängigkeit. Dafür hat es sich auch gelohnt, drei Jahre lang Zeitungen zum Geldverdienen auszutragen.“ Nun heißt es sparen für ein eigenes Auto. „Ja, ein bißchen ist der Führerschein auch ein Statussymbol. Die meisten der über Achtzehnjährigen an meiner Schule haben ihn. Mit dem Auto ist das jetzt total bequem, wenn ich am Wochenende mit Freunden in die Disco will. Die Nachtlinien sind dazu doch keine Alternative.“

Seit über zwei Jahren hat Kamilla Winnicka (20) schon ihren Führerschein. „Doch ich fahre trotzdem sehr viel mit dem Fahrrad oder mit Bus und Bahn, allein schon wegen der Autoabgase und der damit verbundenen Umweltverschmutzung. Ich finde es schade, daß die meisten – kaum daß sie Auto fahren dürfen – nur noch am Steuer sitzen. Jetzt muß es auf einmal die Disco in Hamburg sein, vorher ging es auch ohne Auto. Ich kriege zwar immer, wenn ich möchte, das Auto meiner Eltern, aber eigentlich brauche ich es sehr selten: Vielleicht mal am Wochenende, um eine Freundin in Worpswede zu besuchen, oder in den Ferien. Den Führerschein habe ich von meinen Eltern zum 18. Geburtstag geschenkt bekommen.“

Noch nicht zum Kreis der „Glücklichen“ kann sich Peter Janicki (17) zählen. Aber er hat sich schon bei einer Fahrschule angemeldet. „Im Moment brauche ich zwar keinen Führerschein, aber vielleicht später beim Zivildienst oder beim Studium. Außerdem habe ich dann die zweijährige Probezeit schon hinter mir. Klar wird an der Schule viel über Fahrstunden und Prüfungen geredet, das ist schon Alltagsthema. Daher kommt der Druck, aber das spielt bei mir keine Rolle. Ich mache den Führerschein, weil ich jetzt noch nicht selber zahlen muß, und mir meine Eltern etwas dazugeben. Ab Januar sollen auch noch die Prüfungsbedingungen verschärft werden. Umweltschutz? Klar, aber ich glaube kaum, daß man in der heutigen Zeit ohne Auto auskommen kann.“

Ganz anders sieht das Imke Prölß (18): „Was soll ich mit einem Führerschein, solange ich in Bremen wohne, wo man alles gut mit dem Fahrrad erreichen kann? Zur Disco kommt man doch auch mit dem Fahrrad. Vielleicht mache ich später einmal den Führerschein, wenn ich in einer anderen Stadt studiere oder außerhalb wohne. Und dann auch nur, wenn es unbedingt notwendig sein sollte. Aber im Moment ist das sowieso kein Thema - und auch der Preis ist so eine Sache, da ich ihn selber bezahlen müßte. Ich glaube, daß bei einigen auch Faulheit eine Rolle spielt. Bei mir an der Schule gibt es viele, die sogar das kurze Stück morgens zum Unterricht mit dem Auto kommen. – Ich kann mir auch später kaum vorstellen, gerne Auto zu fahren!“

Interview: Mark Riechel