IG-Metall droht Vulkan platzen zu lassen

■ Arbeiter sind zu Lohnverzicht nur bei besserem Management und neuen Aufträgen bereit

Die Bremer IG Metall ist nicht mehr länger bereit, den Werft-Arbeitnehmern ohne die kleinste Perspektive Opfer abzuverlangen und so die Gewerkschafts-Stellung in anderen deutschen Werftbetrieben auszuhöhlen. „Nächste Woche brauchen wir klare Aussagen des Senats und der Konkursverwalter, sonst unterschreiben wir den neuen Tarifvertrag mit den Lohnkürzungen nicht“, sagt Bremens IG-Metall-Chef Manfred Muster gestern .

Eine stundenlange Diskussion der Senatsspitzen mit den Konkursverwaltern hat keinen Durchbruch gebracht. Ergebnis sei nur gewesen, daß Verwaltung und Konkursverwalter über's Wochenende nun nun ein Konzept für die Werften erarbeiten sollten, so Senatssprecher Thomas Diehl. Dienstag soll es dem Senat zum Beschluß vorliegen. Dieses Konzept müsse mit EU und Bund abgestimmt und rechtlich unangreifbar sein.

Die Zeit droht mal wieder davonzulaufen: Die Aufträge zumindest beim Vulkan sind weitgehend abgearbeitet. Die Costa 2 ist schwimmfähig, das Containerschiff 109 verläßt die Werft in wenigen Tagen. Neue Aufträge sind nach einem Bericht der Werftleitung zwar in Verhandlung, aber noch gibt es Probleme bei der Kostendeckung. Es handelt sich um zwei Containerschiffe für je 70 Millionen Mark, den Weiterbau der Costa 2, sowie vier weitere Containerschiffe, für die ein reduzierter Baupreis von 64 Millionen vereinbart wurde.

Doch alle diese Aufträgte stehen unter dem Vorbehalt, daß der gordische Knoten schnell zerschlagen wird: Ohne klare Verbesserungsansätze beim Management, die die IG Metall fordert, ohne neue Bürgschaftsgarantien des Senats und ohne eine kapitalkräftige Vorschaltgesellschaft zur Absicherung neuer Aufträge gibt es keinen Lohnverzicht der Vulkanesen. Und ohne Lohnverzicht kann Konkursverwalter Wellensiek keine Aufträge akquirieren.

Am Dienstag trifft sich die Tarifkommission der IG Metall, um über einen „Änderungstarifvertrag“ speziell für die Unterweser-Werften zu beraten: Zwei Jahre lang sollen die Lohnkosten um 20 Prozent gesenkt werden. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und andere Zulagen sollen wegfallen. „Das Papier sieht unsere Tinte nur dann, wenn es klare Perspektiven für die Werften gibt“, so IG-Metall-Mann Muster. Ordnungspolitisch sei der Sündenfall für die IG Metall schwer genug zu verkraften. Schon verlangten etwa die Bosse der HDW-Werft in Kiel von ihren Leuten ebenfalls Lohnverzicht. Auf Grundlage der unübersichtlichen Antworten des Senats könne er die Kollegen nicht mehr zum Stillhalten ermuntern. Ein für den 11. Juni vereinbartes Gespräch zwischen Senat, Konkursverwaltern und IG-Metall komme auf jeden Fall zu spät.

Offenbar ging es gestern zwischen Senat und Konkursverwaltern auch um das Geld für die Vorschaltgesellschaft, mit der der „Eigenanteil“ des Unternehmens an neuen Bauzeitfinanzierungen bezahlt werden soll. Um die offenbar benötigten 200 Millionen zu besorgen, müßte STN Atlas Elektronik so schnell wie möglich verkauft werden. Bisher hat der Senat seine Hand auf STN Atlas, weil ein Teil der Firma an die landeseigene HIBEG verpfändet ist. Allerdings sind inzwischen Spekulationen aufgetaucht, daß diese Sicherung „inkongruent“, also rechtlich nicht wasserdicht sein könnte. Die HIBEG, so heißt es aus gut informierter Quelle, habe im Herbst 1995 das Geld zugeschossen und erst später sich die Anteile als Pfand übertragen lassen. Damit wäre das Pfandrecht hinfällig.

Wie es hieß, ist Konkursverwalter Jobst Wellensiek ebensowenig wie die Belegschaft bereit, mit seiner Arbeit allein dem Land Bremen das Bürgschaftsrisiko abzunehmen. Er braucht Zusagen für weitere Bürgschaften, damit es auf den Werften weitergeht. jof