Israels Arbeitspartei gesteht Niederlage ein

■ Netanjahu wird neuer Regierungschef. Der Likud-Block verhandelt mit den religösen Parteien, aber die US-Regierung wünscht eine große Koalition

Tel Aviv (taz) – Der neue israelische Ministerpräsident heißt Benjamin Netanjahu. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichte der Führer des Likud- Blocks 1,8 Prozent Stimmen mehr als der jetzige Regierungschef Schimon Peres. Der Wahlkampfleiter der Arbeitspartei, Raanan Cohen, räumte die Niederlage seiner Partei ein. Am Mittwoch waren in Israel das Parlament und zum ersten Mal auch der Ministerpräsident direkt gewählt worden.

Noch vor Bekanntgabe des endgültigen Ergebnisses nahm Netanjahu die ersten inoffiziellen Verhandlungen mit Führern der orthodoxen und nationalreligiösen Parteien auf. Der Likud beabsichtigt auch Vorgespräche mit Nathan Sharanskys erfolgreicher Einwandererliste und der Partei des Dritten Wegs zu führen, um dann in einem späteren Stadium die eventuelle Bildung einer großen „nationalen“ Koalition mit der Arbeitspartei zu erörtern.

In Jerusalem wird angenommen, daß Washington jetzt daran interessiert sein wird, daß eine möglichst breite Koalition, der auch die Arbeitspartei angehört, zustande kommt. In Kreisen, die Peres nahestehen, wird betont, daß der bisherige Ministerpräsident „nicht beabsichtigt, sein politisches Leben in einer nationalen Einheitsregierung mit Netanjahus Likud an der Spitze zu beenden.“

Peres wird wahrscheinlich nicht nur von den USA, sondern auch in Israel selbst unter Druck gesetzt werden, sich an einer Koalitionsregierung zu beteiligen. Die nichtreligiöse Mehrheit der Bevölkerung würde es vorziehen, daß die Arbeitspartei sich an einer von Likud geführten Regierung beteiligt, um dort dem enorm gewachsenen Einfluß der religiösen Parteien entgegenzuwirken. Diese stehen zum Teil unter dem Einfluß des rechtsextremen Likud-Politikers Ariel Scharon, der selbst nicht zum religiösen Lager gehört.

Der wahrscheinlichste Kandidat für den Posten des Außenministers in Netanjahus Regierung ist David Levy, der dieses Amt bereits unter Jitzhak Schamir, dem Ministerpräsidenten der vorigen Likudregierung, bekleidete und zu den „moderaten“ Likud-Führern gehört. Als Kandidaten für das Verteidungsministerium werden gegenwärtig sowohl Mosche Arens (ein ehemaliger Verteidungsminister und Botschafter in Washington) als auch General Jitzhak Mordehai erwähnt. Mordehai war bis zu seiner Entlassung aus dem aktiven Dient Kommandant der Nordfront zu Syrien und dem Libanon.

Seinen persönlichen Assistenten Dani Naveh hat „Bibi“ Netanjahu bereits zum Kabinettsekretär ernannt. In Netanjahus Namen veröffentlichte Naveh eine Erklärung, in der es heißt, daß sich der Wahlsieger „dem begonnenen Friedens- und Sicherheitsprozeß mit allen Nachbarn, die Palästinenser inbegriffen, zutiefst verpflichtet fühlt und den Frieden mit arabischen Staaten, mit denen es bereits friedliche Beziehungen gibt, vertiefen will“. Amos Wollin