„Hühnerbaron“ vor Gericht

■ Anton Pohlmann und Sohn Stefan ab Dienstag vor dem Kadi

Oldenburg. Der als „Hühnerbaron“ bekannt gewordene Agrarindustrielle Anton Pohlmann (56) aus Neuenkirchen (Kreis Vechta) steht ab Dienstag gemeinsam mit seinem Sohn Stefan (28) vor dem Landgericht Oldenburg. Die beiden müssen sich unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung verantworten. Die Anklage wirft Anton Pohlmann außerdem Tierquälerei sowie Verstöße gegen das Lebensmittel- und Arzneimittelrecht vor. Das Landgericht hat vorläufig drei Verhandlungstage festgelegt.

Pohlmann soll gesetzwidrig zehn Millionen Hühnern ein Desinfektionsmittel ins Futter gemischt und sie mit Nikotinsulfat besprüht haben. Damit sollten Bakterien, Salmonellen und Milben in den Legebatterien bekämpft werden. Annähernd sieben Millionen Eier mit Nikotin-Gehalt soll der Angeklagte unzulässig in den Lebensmittelhandel gebracht haben. dpa

Gefährliche Körperverletzung wirft die Anklage Anton Pohlmann in vier Fällen und Sohn Stefan in einem Fall vor. Hinzu kommt gegen beide der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung. Besonders schwerwiegend wertet die Anklage den Fall eines Farmarbeiters. Er habe lebensbedrohende Vergiftungen beim Versprühen der Nikotin-Lösung erlitten. Über die hochgiftige Wirkung des Mittels sei er nicht belehrt worden. Den Verletzten hätten die Angeklagten verspätet in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Vergiftungsursache hätten sie dort zunächst verschwiegen.

Drei andere Personen wurden laut Anklageschrift vergiftet, weil sie ohne Warnung die mit Nikotin verseuchten Ställe betreten durften. Betroffen waren zwei Mitarbeiter des Veterinäramts Bersenbrück (Kreis Osnabrück) sowie ein Beschäftiger einer Reinigungsfirma.

Gegen Anton und Stefan Pohlmann hatte das Amtsgericht Oldenburg Anfang Februar Haftbefehl erlassen. Der 56jährige Beschuldigte wurde wegen Verdunkelungs- und Fluchtgefahr in Untersuchungshaft genommen. Nach sechs Wochen wurde er gegen eine Kaution von fünf Millionen Mark aus der Haft entlassen. Pohlmann mußte seinen Reisepaß abgeben und darf seither nicht ins Ausland reisen. Sohn Stefan wurde ebenfalls Anfang Februar in Untersuchungshaft genommen. Gegen eine Kaution von zwei Millionen Mark und Reisebeschränkungen kam er bereits nach zwei Wochen wieder auf freien Fuß.

Sein deutsches Legehennen-Imperium hatte Pohlmann Ende 1995 an seine vier Kinder übertragen. Anfang 1996 wurde es verkauft. Pohlmann verfügt über weitere Hühner- und Schweineställe in den USA. Auch in der Bundesrepublik soll Pohlmann erneut in das Eiergeschäft eingestiegen sein. dpa