Kontrolle beim Käpt'n

■ Die Internationale Transportarbeitergewerkschaft überprüft in Aktionswoche Tarifverträge auf Seeschiffen

Kapitäne von Schiffen, die unter ausländischer Billigflagge die Häfen an der Unterweser anlaufen, könnten in diesen Tagen ungebetenen Besuch bekommen. Die Internationale Transportarbeiter-Föderation ITF will bei einer Aktionswoche kontrollieren, ob die Reeder die in Tarifverhandlungen vereinbarten Mindeststandards für die Besatzung einhalten. Nach Angaben der ITF haben 4000 der weltweit fahrenden 14.000 Seeschiffe ITF-Verträge, die eine Mindestheuer von 1200 US-Dollar im Monat und ausreichend Landgangzeiten garantieren. Erstmals sollen gleichzeitig Schiffe in allen nordeuropäischen Hafen überprüft werden. Auf Schiffen, wo der Tarifvertrag der ITF nicht gilt, wollen die Gewerkschafter für die Verträge werben und die Besatzungen zum Protest ermuntern. In der ITF sind die nationalen Gewerkschaften der Transportarbeiter (in Deutschland die ÖTV) zusammengeschlossen.

Zunächst gehe es bei der Aktion um den Schutz der Seeleute an Bord, sagt der Bremer ITF-Inspektor Ulrich Jürgens. Außerdem müsse zwischen den Reedern fairer Wettbewerb durch gleiche Personalkosten hergestellt werden. Ziel sei aber auch, das Aushebeln von Tarifverträgen und sozialen Sicherungsrechten zu stoppen. Was in der Seefahrt geschehe, sei prototypisch für die gesamte Wirtschaft: Reeder flüchten in Billiglohnländer. Seeleute von den Philippinen oder aus Pakistan würden dann zunehmend für Hafenarbeit eingesetzt. Kein Wunder, daß die ITF auf die Solidarität der ÖTV-Kollegen im Hafen zählen kann. „Wenn die Kapitäne die Delegationen nicht an Bord lassen, bleibt die Gangway eben oben. Dann fassen wir das Schiff nicht an“, sagt ÖTV-Mann Reiner Müller.

Für die Reeder ist die Aktion illegal. Die ITF beharre auf einer international üblichen Mindestheuer, die niemals ausgehandelt und den Schiffen nach dem Zufallsprinzip aufgedrückt worden sei. Indem sie ausländischen Seeleuten Arbeiten an der Ladung verbieten wolle, wolle die Gewerkschaft nur den Hafenarbeitern Überstunden zuschanzen, erklärt der Verband Deutscher Reeder. Die Hälfte der von deutschen Reedern kontrollierten Flotte fährt laut VDR unter ausländischer Flagge. jof