Die Sparpolitik teilt die PDS

■ Landesparteitag der PDS diskutierte Kompromißpapier zur Haushaltspolitik in den Bezirken: Verweigerungshaltung oder gestalten. Bezirksamt Mitte als Vorbild?

Wie sollen die Bezirkspolitiker der PDS mit den Sparvorgaben des Senats umgehen? Diese Frage wurde gestern auf dem PDS-Landesparteitag kontrovers diskutiert. Die unterschiedliche Haltung der PDS-geführten Bezirke zu den Bezirkshaushalten hatte innerparteilich großen Unmut ausgelöst. Während die PDS in Prenzlauer Berg den Sparhaushalt als unverantwortlich abgelehnt hat, setzte der Marzahner Bezirksbürgermeister Harald Buttler die Vorgaben „staatstragend“ um. Mit diesem Bruch der Spielregeln habe sich Buttler „gegen seine Genossinnen und Genossen gestellt“, kritisierte die Landesvorsitzende Petra Pau unter Beifall. Buttler, der gar nicht erschienen war, stand am Pranger.

Von einer einheitlichen Linie waren Fundamentaloppositionelle und Pragmatiker auch nach der gestrigen Debatte weit entfernt. Wegweisend könnte jedoch das Vorgehen des Bezirks Mitte sein: Der PDS-geführte Bezirk hat den Sparvorgaben Rechnung getragen, ohne die soziale Versorgung zu gefährden, schilderte die parteilose, von der PDS aufgestellte Baustadträtin Karin Baumert. „Wir haben die gesamte soziale Infrastruktur erhalten“, sagte sie nicht ohne Stolz. Dafür bleiben die Brunnen des Bezirks vorerst trocken. Zumindest für den Neptunbrunnen auf dem Alexanderplatz hat Baumert jedoch bereits einen Sponsor gefunden. Dafür, daß hier bald Wasser fließt, wird die Firma Coca-Cola sorgen. Der Haushalt fand in der BVV parteienübergreifend Zustimmung und wurde mit nur einer Gegenstimme verabschiedet. „Die Frage ist doch, ob wir mit der Verweigerungshaltung mehr erreichen, als wenn wir versuchen, zu gestalten“, sagte sie. „Keine Partei hätte weniger kürzen können als wir.“

Klaus Lederer, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der PDS in Prenzlauer Berg, hält die Strategie der Genossen in Mitte dennoch für falsch. Wer die katastrophalen Sparvorgaben des Senats auch nur halbwegs umsetze, signalisiere, daß es schon irgendwie gehe. „So eine Politik verklärt den Blick für zukünftige Schwierigkeiten“, so Lederer, denn der Haushalt für 1997 werde weitere Kürzungen vorsehen. „Wenn sich die PDS-geführten Bezirke in der Haushaltsfrage alle unterschiedlich verhalten, dann wird es schwierig, nach außen eine klare politische Linie zu vertreten.“

Mit einer Leitlinie für eine bedarfsgerechte Haushaltsplanung in den Bezirken, sollen nun die Bezirke auf eine einheitliche Linie eingeschworen werden. In dem Leitantrag des Parteivorstandes, der gestern verabschiedet wurde, werden die MandatsträgerInnen der PDS aufgefordert, die vollständige Umsetzung weiterer Kürzungen nicht mehr mitzutragen. Gesetzlich festgelegte Leistungen für sozial Schwache dürften nicht angetastet werden.

Das Papier, das aus Diskussionen des Landesvorstandes mit den PDS-Bezirkspolitikern entstanden war, gilt als „Kompromiß“. In einem ersten Entwurf war eine weitgehend fundamentaloppositionelle Position zum Ausdruck gekommen. Dorothee Winden