Das Portrait
: Der Volksnahe

■ Milos Zeman

Der glückliche Gewinner der tschechischen Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende heißt Milos Zeman. Auch wenn die Sozialdemokraten mit rund 26 Prozent „nur“ auf dem zweiten Platz landeten, führte der Parteivorsitzende seine Partei zu dem besten Wahlergebnis, das die tschechischen Sozialdemokraten in ihrer 100jährigen Geschichte erzielt haben.

Vor drei Jahren, als Zeman das Amt des Parteivorsitzenden übernahm, befand sich die Partei in einer Krise. Bei den Parlamentswahlen 1992 hatten die Sozialdemokraten gerade einmal rund sechs Prozent erhalten. Dennoch ließ sich Zemen nicht entmutigen. Zielstrebig führte er seine Partei aus dem Tief und baute ihr Profil auf. Es ist sein Verdienst, daß die Sozialdemokraten heute eine anerkannte demokratische Oppositionspartei sind, die nicht aus einer kommunistischen Partei hervorgegangen ist.

Vor der „Samtenen Revolution“ in der Tschechoslowakei im Jahre 1989 arbeitete der Wirtschaftswissenschaftler Zeman – wie auch sein heutiger Gegenspieler Vaclav Klaus und eine Reihe führender Politiker – im reformorientierten Institut für Wirtschaftsprognosen. Er veröffentlichte Studien im „Samizdat“ und beteiligte sich an inoffiziellen Seminaren.

Im Sommer 1989 machte Zeman mit einem Artikel im Technischen Magazin auf sich aufmerksam, dessen Kopien von Hand zu Hand wanderten. Darin analysierte er kritisch den Zustand der sozialistischen Gesellschaft und zeichnete ein düsteres Zukunftsbild. Im November 1989 beteiligte sich Zeman am Aufbau des Bürgerforums. Drei Jahre später zog er als Abgeordneter der Sozialdemokraten ins tschechische Parlament ein.

Der 52jährige schaffte es in den vergangenen drei Jahren, diejenigen für sich zu gewinnen, die bei den Veränderungen nach 1989 zu kurz gekommen und daher mit den rasanten wirtschaftlichen Veränderungen der Regierung Klaus nicht zufrieden sind. Dabei setzt Zeman auf Volksnähe. Mit seinem Wahlbus „Zemak“ legte er in den vergangenen Wochen Tausende von Kilometern zurück.

Ganz unumstritten ist Milos Zeman allerdings nicht. Mit seinem Zynismus und seinen bissigen Kommentaren hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Auch wird ihm von der Mehrheit der Bevölkerung nicht zugetraut, daß er das Amt des Premiers zufriedenstellend ausfüllen könne. Katrin Bock