Zug mit BASF-Gift entgleist

■ Bei Magdeburg wurden 17 Menschen durch Explosion von Vinylchlorid verletzt. BBU-Anzeige gegen Bahn AG

Schönebeck (dpa/AP) – Die rund 40.000 Einwohner von Schönebeck südlich von Magdeburg sind bei der Explosion eines Kesselwagens am Samstag nachmittag nur knapp einer Katastrophe entgangen. Der Waggon, der die hochgiftige Substanz Vinylchlorid aus dem Hause BASF geladen hatte, war etwa einen Kilometer hinter dem Schönebecker Bahnhof in einem wenig besiedelten Gebiet explodiert. Das Ausmaß der Unglücks wäre an jedem anderen Ort der Bahnstrecke weitaus schlimmer gewesen, sagte der Schönebecker Landrat, Klaus Jeziorsky (CDU). In der Nähe war nur eine Gartensiedlung. Eine Laube brannte vollständig aus.

Bei dem Unfall wurden 17 Personen verletzt: 16 davon erlitten Rauchvergiftungen, einer hatte eine Splitterverletzung. Der Waggon war entgleist und hatte sich an einem Strommastkabel entzündet. Drei weitere Wagen wurden ebenfalls beschädigt. Der vermutlich von Frankreich nach Böhlen fahrende Zug hatte 18 Kesselwagen, die alle Vinylchlorid geladen hatten. Die drei lecken Kesselwagen waren am Sonntag noch Stunden nach dem Unglück unter Kontrolle der Feuerwehr ausgebrannt. Aufgrund starken Regens zog der dabei entstehende giftige Qualm nur schwer ab. Anwohner wurden aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Entgegen ersten Angaben vom Samstag wurden keine Personen evakuiert.

Vinylchlorid ist ein leicht brennbares, farbloses Gas, das Ausgangsprodukt zur Herstellung von PVC ist. Es wird meist in flüssiger Form transportiert. Vermischt mit Wasser entsteht Salzsäure. Zur Explosion kommt es, wenn sich das Gas mit Luft vermischt.

Vinylchlorid ist ein Atemgift und als krebserzeugender Arbeitsstoff eingestuft. Es riecht in höheren Konzentrationen süßlich, wirkt narkotisch und reizt die Atemwege. In Konzentrationen ab 20 ppm (parts per million) treten beim Menschen Herz-Kreislauf- Symptome wie Herzrhythmusstörungen auf und ab 500 ppm Krebsgeschwüre in der Leber.

Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) erstattete gestern Strafanzeige gegen die Bahn AG und andere Verantwortliche wegen Verstoßes gegen Transportbestimmungen der Gefahrgutverordnung. „Stellen Sie sich mal vor, so etwas wäre mit einem Castor-Transport passiert“, begründete Eduard Bernhard vom BBU die Anzeige.