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„Wasser ist mein Hobby“

■ Von Müllmassen, Randalierern und Platzhirschen: Seit knapp 20 Jahren ist Uwe Ahlf Schwimm-Meister im Kaifu-Bad Von Vera Stadie

Das Gefährt, das über den Grund des Nichtschwimmerbeckens rutscht und die Kacheln sauberlutscht, sieht aus wie aus der Raumfahrt. Es ist aber ein ferngesteuerter Unterwasserstaubsauger. An der Fernbedienung: Uwe Ahlf. „Mein Spielzeug. Es hat 380 Volt“, präzisiert der Schwimm-Meister – so lautet die korrekte Bezeichnung. An diesem Montagvormittag ist tote Badehose im Kaifu. Nur zwei Schwimmer trotzen der Kälte und ziehen ihre Bahn. „Jetzt ist die schönste Zeit, um ruhig zu schwimmen“, findet Ahlf. Seit 30 Jahren arbeitet er bei den Hamburger Wasserwerken, seit 1977 beaufsichtigt er im Kaifu-Bad.

So friedlich wie gestern geht es dort nicht immer zu. An den heißen Tagen, wenn 5- bis 6000 Leute kommen, ist des Schwimm-Meisters Job ganz schön stressig. Noch dazu, wenn die Badegäste auf Krawall gebürstet sind. „Ich hab 'ne Monatskarte, das ist meine Bahn“, habe doch glatt einer behauptet, empört sich Ahlf. Aber Vorfahrtsregeln gibt es nicht. Unter seiner Aufsicht herrscht nur ein Gesetz: „Man sollte sich so verhalten, daß man seine Mitschwimmer nicht verletzt.“ Sonst spricht der Meister auch schon mal ein Badeverbot aus. Im vergangenen Sommer gab es öfter „tätliche Angriffe gegen Personal und Badegäste. Da mußten wir ein paarmal die Polizei holen“.

Aber das sind Ausnahmen, in der Regel liegt man und frau friedlich Handtuch an Handtuch. Und das kann dann ganz andere Folgen haben. Ahlf weiß von zweien, „die haben sich hier auf der Tribüne kennengelernt, die sind heute verheiratet und haben Kinder“. Die Dunkelziffer ist wohl höher.

Wenn einer das weiß, dann Ahlf. „Langeweile kennen wir hier nicht. Ich mach das schon 30 Jahre, aber es bringt mir immer noch Spaß.“ Nicht besonders spaßig findet er es allerdings, nach Toresschluß den Müll aufsammeln zu dürfen, den die Badegäste hinterlassen haben. „Die Leute schütteln einfach ihren Dreck von der Decke und ziehen ab.“

Und was macht den Schwimm-Meister? „Man muß das deutsche Rettungsschwimmerabzeichen in Silber haben, Erste Hilfe können, die Herz-Lungen-Wiederbelebung aus dem ff kennen, und dann sollte man mit den Menschen gut umgehen können“, zählt Ahlf auf. Auch für die Wasseraufbereitung ist der Schwimm-Meister zuständig. Alle zwei Stunden muß er eine Wasserprobe nehmen und messen, ob noch genügend Chlor drin ist. „Wasser ist mein Hobby“, sagt Ahlf. Neben seinem Job im Schwimmbad begleitet er auch noch als Wasserwacht beim Roten Kreuz Regatten auf Elbe und Alster.

Das Kaifu – 1936 als eines der ersten beheizten Freibäder Europas gebaut – kennt der Endvierziger schon seit seinem achten Lebensjahr. „Ich habe hier schwimmen gelernt. Da war die Badezeit noch eine Dreiviertelstunde.“ Er kennt auch seine Badegäste: „Ein gewisser Stamm kommt jeden Morgen. Wenn wir um viertel nach sechs aufmachen, sieht man immer die gleichen Gesichter. Und abends, wenn die Leute nach Feierabend zum Schwimmen kommen, sind das auch immer die gleichen. Unsere Rentner kommen jeden Tag zum Schwimmen in der Halle.“

Und umgekehrt kennen die SchwimmerInnen ihren Meister. „Man trifft sich“, erzählt Ahlf, sogar im Urlaub auf den Bahamas: „Guck mal, das ist doch der Bademeister aus dem Kaifu.“

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